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Springende Blutegel

Skurriles aus der Tierwelt

Springende Blutegel

Video: Wie Chtonobdella-Blutegel von Blättern abspringen. © Mai Fahmy, American Museum of Natural History

Die wurmartigen Parasiten können nur kriechen, könnte man meinen. Doch manche Blutegel können sich offenbar sogar hüpfend fortbewegen. Diesen bisherigen Verdacht bestätigen nun erstmals Videoaufnahmen von einem Vertreter der landlebenden Blutegel. Der Waldbewohner Madagaskars baut demnach durch eine Beugebewegung Spannung auf und katapultiert sich anschließend durch die Luft. Möglicherweise setzen die Blutsauger diese Technik nicht nur zur Fortbewegung ein, sondern auch, um ihre Opfer anzuspringen.

Bei uns lauern sie nur in Teichen und Seen auf eine Gelegenheit zum Aderlass: Die blutsaugenden Egelarten Europas sind Süßwasserbewohner und bewegen sich schwimmend und am Grund der Gewässer fort. Doch neben diesen aquatischen Vertretern der Parasiten gibt es in einigen Teilen der Welt auch sogenannte Landblutegel (Haemadipsidae). Diese berüchtigten Plagegeister sind in Wäldern Südasiens, Australiens und auf einigen Inseln des Indischen Ozeans auf der Suche nach Opfern – zu denen neben verschiedenen Wirbeltieren auch Menschen gehören. Die wurmartigen Wesen bewegen sich dabei auf eine ähnliche Weise wie Spannerraupen am Boden und durch die Vegetation fort.

Übertriebene Berichte?

Doch schon lange wird den terrestrischen Blutegeln auch eine weitere Fähigkeit nachgesagt: Angeblich können sie sich regelrecht auf ihre Opfer stürzen. Bisher galt dieses Sprungverhalten allerdings nicht als wissenschaftlich belegt und wurde von einigen Experten angezweifelt. “Die Berichte über Blutegel, die auf Menschen springen, wurden oft damit erklärt, dass sie sich nur an Passanten festgehalten haben oder von einem Ast herabgefallen sind. Unsere Studie widerlegt nun diese Argumente”, sagt Erst-Autorin Mai Fahm vom American Museum of Natural History in New York.

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Gemeinsam mit ihrem Kollegen Michael Tessler präsentiert die Forscherin nun Video-Beweise dafür, dass zumindest eine Landblutegelart tatsächlich springen kann. Die Aufnahmen stammen von zwei separaten Expeditionen in den Wäldern der Insel Madagaskar. Sie zeigen das Fortbewegungsverhalten einer Art aus der Gruppe der Chtonobdella-Egel, die neben Madagaskar, auch auf den Seychellen, dem Malaiischen Archipel und den Inseln im Südpazifik vorkommen.

Sprungverhalten dokumentiert

Die Videos zeigen Exemplare von Chtonobdella fallax zunächst bei der typischen raupenartigen Fortbewegung. Dann ist allerdings zu erkennen, wie sich die Blutegel leicht krümmen, um anschließend von einem Blatt zu abzuspringen. „Bei jedem Sprung rollt sich der Egel vor dem Abheben zurück. Optisch sieht das ein wenig aus wie eine Kobra, die sich nach hinten biegt, oder eine Feder, die zurückgezogen wird, um Energie anzusammeln“, schreiben Fahm und Tessler. Nach dem Absprung hält der Blutegel seinen Körper dann gestreckt, während er durch die Luft saust. “Unserer Kenntnis zufolge handelt es sich damit nun um den ersten überzeugenden Beweis dafür, dass Blutegel springen können und dies mit sichtbarem Energieaufwand tun”, sagt Fahmy.

Screenshots der einzelnen Schritte des Sprungverhaltens von Chtonobdella fallax. © Mai Fahmy

Die Blutsauger reihen sich damit nun in eine kleine Gruppe weiterer wurmartiger Lebewesen ein, von denen Sprungfähigkeiten bekannt sind: Darunter sind die Larven von Gallmücken und einige Raupen von Schmetterlingsarten. Auch von ihnen ist bekannt, dass sie eine gekrümmte Haltung einnehmen, bevor sie sich in die Luft katapultieren. “Wir wissen zwar nicht, wie oft Chtonobdella fallax dieses Sprungverhalten zeigt oder inwieweit die Egel diese Fähigkeit auch nutzen, um nach Wirten zu suchen. Aber da wir mehrere Sprünge in zwei kurzen Aufnahmen dokumentiert haben, könnte das Verhalten zumindest für diese Art typisch sein”, sagt Tessler.

Abschließend heben die Forschenden hervor, dass ein besseres Verständnis der Biologie von Blutegeln sogar dem Naturschutz zugutekommen kann. Denn die Parasiten werden manchmal gesammelt, um anhand ihrer Blutmahlzeiten die Artenvielfalt von Wirbeltieren in bestimmten Regionen zu untersuchen. “Wenn wir herausfinden können, wie Blutegel ihre Wirte finden und sich an ihnen festsetzen, können wir die Ergebnisse der Analysen ihres Darminhalts besser verstehen”, sagt Fahmy. Außerdem setzt sie sich für eine positivere Sichtweise auf diese oft verächtlich betrachteten Wesen ein: “Als natürlicher Teil des Ökosystems müssen Blutegel möglicherweise selbst geschützt werden”, so die Wissenschaftlerin.

Quelle: American Museum of Natural History, Fachartikel: Biotropica, doi: 10.1111/btp.13340

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