Die Hersteller von Softdrinks werben gern mit einem tollen Lebensgefühl: Wer sich das Zuckerzeug einverleibt, hat Spaß, ist gut drauf und erlebt was. Die Masche zieht, zumindest in den USA: Hier trinken die Menschen mehr Softdrinks als in jedem anderen Land der Erde. 2011 lag der Pro-Kopf-Verbrauch bei 170 Litern; die Deutschen kamen immerhin auf 98 Liter. Dabei ist längst nachgewiesen, wie schädlich das Blubberwasser ist: Studien mit Jugendlichen etwa haben gezeigt, dass exzessiver Konsum mit Aggressionen, Depressionen und Selbstmordgedanken in Verbindung steht. Dennoch kippen manche Eltern schon ihren Kleinkindern Cola ins Glas.
US-Forscher haben nun zum ersten Mal systematisch untersucht, welche Auswirkungen Softdrinks auf das Verhalten jüngerer Kinder haben. Dazu werteten sie Daten von 2.929 Fünfjährigen aus, 52 Prozent davon Jungs. Die Mütter der kleinen Probanden nahmen an einer Kohortenstudie teil, in deren Rahmen Frauen aus 20 amerikanischen Großstädten direkt nach der Geburt und jeweils 12 Monate, 36 Monate und fünf Jahre später zum eigenen Wohlergehen, dem des Kindes, zur ihrer Lebenssituation und Partnerschaft befragt wurden. Die Forscher erkundigten sich bei den Müttern auch nach dem Softdrink-Konsum und dem Verhalten ihrer Fünfjährigen in den vergangenen zwei Monaten.
Jede Portion mehr erhöht die Aggressivität
Wie sich zeigte, tranken 43 Prozent der Kleinen mindestens einmal am Tag Softdrinks, vier Prozent der Kinder sogar vier Mal oder häufiger. „Wir stellten fest, dass die Punktezahl im Test für aggressive Verhalten mit jeder Softdrink-Portion pro Tag stieg”, sagt Shakira Suglia, Erstautorin und Epidemiologin an der Columbia University in New York. Die betroffenen Kinder machten häufiger Sachen kaputt, gerieten in Streit oder griffen andere an. Die Aufmerksamkeit hingegen litt nur bei jenen Kindern mit dem höchsten Limonadenkonsum. Die Forscher erfragten auch, ob die Kleinen sich von ihrer Umwelt abkapselten. Hier zeigte sich für diejenigen Kinder ein statistisch signifikanter Zusammenhang, die zwei Mal oder vier Mal und häufiger am Tag Softdrinks zu sich nahmen.
Nun liegt der Gedanke nahe, dass Eltern, die ihre Kinder mit Blubberwasser abfüllen, generell zu zweifelhaften Erziehungsmethoden neigen. Die Wissenschaftler berücksichtigten daher eine ganze Reihe von weiteren Faktoren, die für das psychische Wohlergehen des Kindes von Bedeutung sein könnten. Dazu ermittelten sie unter anderem, welche Ausbildung die Mutter hatte, ob sie an Depressionen litt, ob sie Opfer häuslicher Gewalt war und ob der Vater zum Zeitpunkt der Befragung hinter Gittern saß. Außerdem fragten sie die Frauen, wie viele Stunden am Tag ihr Kind Fernsehen schaute, wie viele Süßigkeiten es aß und wie viel Saft es trank. Die beschriebenen Folgen des Softdrink-Konsums waren jedoch auch dann nachweisbar, wenn all diese Faktoren berücksichtigt wurden, wie die Forscher berichten.
Welche Ursachen das hat, darüber können die Studienautoren nur spekulieren. Eine Möglichkeit ist der hohe Zuckeranteil vieler Softdrinks. Darüber hinaus enthalten einige von ihnen Koffein und eine ganze Reihe weiterer Zusatzstoffe wie Aspartam oder Phosphorsäure. Möglich wäre aber auch, dass der Blutzuckerspiegel der Kinder zu niedrig ist – und sie deshalb gleichermaßen aggressiv sind und nach Softdrinks verlangen.
Die Studie hat auch einige Schwachpunkte, wie die Forscher einräumen: Zum einen mussten sie sich auf die Wahrnehmung und Einschätzung der Mütter verlassen, was Ernährung und Verhalten ihrer Sprösslinge angeht. Zum anderen war im Fragebogen nicht definiert, wie groß eine „Portion” eines Softdrinks ist. Auch ob die Kinder beispielsweise Diät-Limo oder ein koffeinhaltiges Gebräu tranken, wurde nicht erhoben. An folgender Erkenntnis ändern diese Einschränkungen jedoch nichts: Wer seinem Sprössling Wasser statt Cola verabreicht, schont die Gesundheit des Kindes – und die eigenen Nerven.