Seit den 1950er Jahren werden Per- und Polyfluoralkylverbindungen (PFAS) als Antihaft- und Imprägniermittel eingesetzt. Da sie allerdings mit bisherigen Verfahren kaum abbaubar waren, reichern sie sich im Trinkwasser und in der Nahrungskette an. Schon in kleinen Mengen können sie dann gesundheitsschädlich sein. Ein Forschungsteam hat nun eine Möglichkeit gefunden, bestimmte PFAS auf einfache und umweltfreundliche Weise chemisch zu zerstören.
Ob Kochgeschirr mit Antihaftbeschichtung, wasserfeste Kosmetika oder Feuerlöschschaum: Die Einsatzgebiete für PFAS sind vielfältig. Doch die Hinweise mehren sich, dass Chemikalien dieser Gruppe negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben. Überdies können sie mit den bisher üblichen biologischen, chemischen und physikalischen Verfahren nicht abgebaut werden. Bei Anlagen, die eigentlich PFAS unter hohen Temperaturen mit großem Energieaufwand verbrennen sollten, stellte sich heraus, dass sie stattdessen einige der Verbindungen unverändert in die Luft abgeben. In Ermangelung geeigneter Abbauverfahren reichern sich PFAS in der Umwelt an, gelangen ins Trinkwasser und in unsere Nahrung.
Einfache Lösung für ein langjähriges Problem
„PFAS sind zu einem großen gesellschaftlichen Problem geworden“, sagt William Dichtel von der Northwestern University in Evanston, Illinois. „Selbst eine winzige Menge an PFAS hat negative Auswirkungen auf die Gesundheit und sie werden nicht abgebaut. Wir können dieses Problem nicht einfach aussitzen. Wir wollten die Chemie nutzen, um dieses Problem anzugehen und eine Lösung zu finden, die die Welt nutzen kann.“ Das ist den Forschern gelungen: Ein Team um Dichtels Kollegin Brittany Trang hat tatsächlich eine Möglichkeit gefunden, verschiedene Arten von PFAS mit unkomplizierten chemischen Verfahren in harmlose Substanzen umzuwandeln.
„Die Zerstörung von PFAS ist eine anspruchsvolle Aufgabe, denn die starken Bindungen zwischen den enthaltenen Kohlenstoff- und Fluoratomen verleihen den PFAS nicht nur ihre wünschenswerten Eigenschaften, sondern machen diese Verbindungen auch resistent gegen den Abbau“, erklären die Forscher. Doch Trang und ihr Team haben eine Schwachstelle der eigentlich nahezu unzerstörbaren Moleküle gefunden: Während der Schwanz des Moleküls aus den extrem stabilen Kohlenstoff-Fluor-Bindungen besteht, befindet sich am Kopf des Moleküls eine geladene Gruppe, die häufig geladene Sauerstoffatome enthält.
Achillesferse am Kopf
Hier setzten die Forscher an: Im Lösungsmittel Dimethylsulfoxid erhitzten sie die PFAS gemeinsam mit Natriumhydroxid, einem gängigen Reagenz, das als starke Base mit dem geladenen Kopf der PFAS-Moleküle reagiert. Dadurch wurde der Kopf des Moleküls entfernt, sodass ein reaktiver Schwanz zurückblieb. „Das löste all diese Reaktionen aus. Die Fluoratome wurden aus diesen Verbindungen quasi ausgespuckt und bildeten Fluorid, die sicherste Form von Fluor“, erklärt Dichtel. „Obwohl Kohlenstoff-Fluor-Bindungen sehr stark sind, ist die geladene Kopfgruppe die Achillesferse.“ Anders als zuvor angenommen spaltete sich vom Molekülschwanz nicht ein Kohlenstoff nach dem anderen ab, sondern mehrere Kohlenstoffatome auf einmal.
In komplexen Berechnungen und Simulationen bestätigten die Forscher dieses experimentelle Ergebnis und deckten die zugehörigen Reaktionswege auf. Auf diese Weise konnten sie sicher gehen, dass die entstehenden Endprodukte tatsächlich unbedenklich für Mensch und Umwelt sind. In zukünftigen Studien will das Team Abbaumöglichkeiten für weitere Arten von PFAS finden. „Unsere aktuelle Arbeit befasst sich bereits mit einer der größten Klassen von PFAS, darunter viele, die zu den problematischsten zählen“, sagt Dichtel. „Es gibt andere Klassen, die nicht die gleiche Achillesferse haben, aber jede hat ihre eigene Schwachstelle. Wenn wir sie identifizieren können, dann wissen wir, wie wir sie aktivieren müssen, um sie zu zerstören.“
„Trang et al. geben einen Einblick in die Art und Weise, wie diese scheinbar robusten Verbindungen unter unerwartet milden Bedingungen nahezu vollständig abgebaut werden können“, schreiben Shira Joudan von der York University in Toronto und Rylan Lundgren von der University of Alberta in Edmonton in einem begleitenden Kommentar zur Studie, der ebenfalls in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht wurde. „Es bleibt zu hoffen, dass die grundlegenden Erkenntnisse mit einer effizienten Erfassung von PFAS aus kontaminierten Umweltstandorten verbunden werden können, um eine mögliche Lösung für das Problem der persistenten Chemikalien zu finden.“
Quelle: Brittany Trang (Northwestern University, Evanston, Illinois) et al., Science, doi: 10.1126/science.abm8868