Hausschweine sind ziemlich soziale Tiere und wenn sie grunzen, dann möchten sie etwas sagen: etwa, dass sie sich um den Nachwuchs sorgen. Oder sie rufen bei der Futtersuche nach den anderen Schweinen. Und sie quieken, wenn sie Angst haben oder sich unwohl fühlen. “Die Laute, die sie von sich geben, vermitteln eine ganze Reihe von Informationen über den emotionalen, körperlichen und Motivationszustand des Tieres”, erklärt Lisa Collins von der University of Lincoln. Zusammen mit Mary Friel von der Queens University in Belfast wollte sie wissen, ob sich das Wohlbefinden von Sus scrofa domestica an seinen Grunzlauten ablesen lässt. Vor allem gemessen an der Umgebung, in der die Tiere aufwachsen.
Trostlose Umgebung macht rastlos
Denn je nach Umgebung entwickeln Schweine eine unterschiedliche Persönlichkeit, erklären Collins und Friel. Fristen die Allesfresser in einem trostlosen und wenig artgerechten Stall ihr Dasein, neigen sie dazu, sich rast- und ziellos zu verhalten. Leben sie hingegen in einem Koben mit genügend “enrichment”, also arttypischen Beschäftigungsmöglichkeiten zum Suhlen, Wühlen oder Scharren, zeigen die Tiere keine Verhaltensauffälligkeiten, so die Forscher.
Für ihre Studie verteilten die Wissenschaftlerinnen insgesamt 72 junge Schweine, davon 38 männliche und 34 weibliche Tiere, auf zwei verschiedene Arten von Schweinekoben. Die eine Gruppe durfte in einem Stroh gebetteten Stall suhlen, die andere war in einem Koben mit Gitterboden untergebracht. Nun führten die Forscher jeweils ein Tier aus beiden Stallarten in einen Raum mit Betonboden und überließen das Schwein für einige Minuten sich selbst. Anschließend kam es in einen Raum mit einem Eimer und einem Verkehrshütchen, mit dem sich die Tiere beschäftigen konnten. Während der Versuche zeichneten die Wissenschaftler die Laute der Tiere auf, genauer: wie und wie oft die Schweine grunzten.
Männliche Schweine sind anfälliger
Dabei stellten Collins und Friel zunächst fest, dass sich die Schweine aus den Stroh-Koben in den Betonräumen sehr viel agiler zeigten. Sie brauchten weniger Zeit, um die neue Umgebung zu erkunden, und wendeten sich schneller dem Spielzeug zu. Gleichzeitig stießen sie mehr Grunzer aus als die Tiere aus dem Gitterboden-Koben. Diese streiften länger im Betonraum umher und interessierten sich kaum für Eimer oder Verkehrshütchen. Die Forscherinnen wiederholten die Tests nach zwei Wochen, um festzustellen, ob die Schweine weiterhin dasselbe Verhalten in der “Isolationshaft” an den Tag legten und sich bestimmte Persönlichkeitsmuster erkennen lassen – was letztlich der Fall war.
Die Tiere unterschieden sich aber nicht nur danach, in welchem Koben sie aufwuchsen, sondern auch nach ihrem Geschlecht. Denn die männlichen Schweine zeigten besonders deutliche Unterschiede in der Grunz-Frequenz. Die Sauen dagegen ließen sich langfristig kaum von ihrer Umgebung beeindrucken. “Das legt nahe, dass männliche Schweine anders auf chronischen Stress reagieren als weibliche”, resümieren die Forscher. Sie reagieren demnach empfindlicher auf ihre Umgebung als ihre weiblichen Pendants. Letztlich lässt sich also an der Lautgebung das Wohlbefinden der Schweine ablesen – wenn man sie denn zu verstehen weiß.