Anlässlich des Internationalen Tags des Schneeleoparden am 23. Oktober hat der WWF eine Studie veröffentlicht, die Lage und Bestandsentwicklung des Schneeleoparden wiedergibt. Den Ergebnissen zufolge verlieren die charismatischen Katzen bis zu 30 Prozent ihres Lebensraums in ihrer zentralasiatischen Gebirgsheimat, wenn der Erwärmungstrend weiter anhält. Das Problem: Die Baumgrenze verschiebt sich zunehmend in höhere Lagen – bewaldete Zonen meiden die Tiere allerdings und müssen deshalb ausweichen. Andererseits weitet sich der Lebensraum hin zu den Berggipfeln nicht aus: Hier gibt es eine feste Grenze für die Jagdgebiete. Folglich schrumpft der Lebensraum.
Zunehmende Nähe zu Menschen
Die klimatischen Veränderungen bringen die Raubkatzen auch näher an das Vieh auf den Weiden, geht aus der Studie hervor: Bauern und Hirten treiben ihre Herden nun immer höher hinauf. Somit steigt die Gefahr, dass die Schneeleoparden die Nutztiere vor ihrer Nase in ihren Speiseplan einbeziehen – was zu Konflikten mit den Besitzern führt. Das Resultat: Sie töten die Konkurrenten.
Die illegale Jagd bedroht den Schneeleoparden ohnehin schon: Sein dichter Pelz ist kostbar und wird zu Kleidung verarbeitet. Die Knochen können zudem als Bestandteil traditioneller chinesischer Medizin teuer verkauft werden. Die Summe der Bedrohungen verdüstert nun den Blick in die Zukunft, resümiert Markus Radday vom WWF Deutschland: “Je stärker der Klimawandel fortschreitet, desto mehr spitzt sich die Situation für den Schneeleopard zu. Der Geist der Berge könnte für immer verschwinden”.
Wie viele gibt es noch?
Wie viele es überhaupt noch gibt, ist indes unklar. Dieser Frage will sich nun der Naturschutzbund Deutschland (NABU) widmen. “Schneeleoparden leben meist in schwer zugänglichen Regionen, hoch in den Bergen. Daher wissen wir bislang noch viel zu wenig über die Art, um sie auch effektiv schützen zu können. Das wollen wir ändern”, sagt Thomas Tennhardt vom NABU. Die Naturschutzorganisation hat dazu gemeinsam mit der bhutanesischen Regierung mit der Erfassung der Bestände in dem südasiatischen Staat begonnen. Ähnliches plant der NABU derzeit auch im rund 2000 Kilometer entfernten Kirgistan. Gemeinsam mit der dortigen Regierung und weiteren Naturschutzorganisationen wollen die Tierschützer hier ebenfalls systematisch die Bestände erfassen.
In Bhutan sind nun bereits zehn Forscher der Bergkatze auf der Spur: Sie befragen Anwohner, untersuchen gerissene Tiere, sammeln Nachweise in Form von Kot und versuchen Schneeleoparden direkt zu sichten. Außerdem stellen sie Kamerafallen auf, um die Tiere näher zu erforschen. “Derzeit gehen wir davon aus, dass rund 100 bis 200 Schneeleoparden in Bhutan leben. Doch erst mit dieser Studie werden wir den genauen Zustand der Population kennen. Daraus können wir schließlich auch die richtigen Schutzmaßnahmen ableiten”, so Tennhardt.
Insgesamt wurden Schneeleoparden bisher in zwölf Ländern nachgewiesen: Ihre Bestände reichen vom russischen Altai-Gebirge im Norden über das Tian-Shan-Gebirge, den Pamir und Hindukusch im Westen, den Himalaya im Süden bis ins tibetanische Hochland und in die Steppenwüste Gobi im Osten. Klar scheint, die Tiere sind dünn gesät: Vorläufige Schätzungen gehen von einem Gesamtbestand von rund 4000 bis 6400 Tieren aus.