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Schimmel mit Jetlag

Erde|Umwelt

Schimmel mit Jetlag
Auch Schimmelpilze können unter Jetlag leiden: Sie besitzen ebenso wie Menschen eine innere Uhr, die sich bei einer Veränderung der Zeitzone erst nach und nach an den neuen Rhythmus gewöhnt. Das haben Forscher von der Universität im norwegischen Stavanger jetzt bei dem roten Schimmelpilz Neurospora crassa nachgewiesen. Das Team um Ingunn Jolma erhofft sich von seiner Arbeit ein besseres Verständnis darüber, wie die innere Uhr beim Menschen funktioniert und wie die unangenehmen Symptome des Jetlags beim Durchfliegen verschiedener Zeitzonen zumindest gelindert werden können.

Neurospora crassa ist bei Biologen ein beliebter Modellorganismus, weil er leicht zu züchten ist und sein Genom bereits 2003 vollständig entschlüsselt wurde. Für Chronobiologen, die sich mit der molekularen Steuerung der inneren Uhr beschäftigen, ist zudem interessant, dass der Schimmelpilz alle 24 Stunden eine neue Generation von Sporen produziert. Dieser Vorgang ist genetisch gesteuert, hängt jedoch auch von den Lichtverhältnissen ab, konnten die norwegischen Wissenschaftler nun zeigen. Sie setzten den Pilz dazu verschieden langen Licht- und Dunkelheitsperioden aus. Es zeigte sich, dass der Organismus einen regelmäßigen Rhythmus beibehielt, die Dauer eines Zyklus jedoch immer wieder den neuen Gegebenheiten anpasste. So verkürzte sich ein Zyklus von den normalen 24 Stunden in einer natürlichen Umgebung auf 22 Stunden in völliger Dunkelheit. Allerdings finden diese Anpassungen nicht spontan statt, sondern dauern einige Zyklen – der Pilz hat in dieser Zeit also eine Art Jetlag und leidet unter Stress.

Beeinflussen lässt sich die innere Uhr des Schimmels unter anderem mit Beruhigungsmitteln wie Lithium, das zum Beispiel zur Behandlung von Schlafstörungen bei manisch-depressiven Patienten eingesetzt wird, konnten die Forscher nachweisen. Als sie Neurospora crassa das Medikament verabreichten, verlängerte sich der Tag-Nacht-Rhythmus des Pilzes. Die Erklärung der Wissenschaftler: Die Gene, die die innere Uhr steuern, liefern die Anleitung für den Bau von Proteinen. Erreichen diese Proteine eine bestimmte Konzentration, beginnen sie, sich an die DNA zu heften, und stoppen so ihre eigene Produktion. Nach einiger Zeit zersetzen sie sich dann wieder und der Prozess beginnt von vorne. Die Neubildung und die Zersetzung der Proteine sind also die entscheidenden Faktoren, die den Gang der inneren Uhr bestimmen – man spricht dabei auch von positivem und negativem Feedback. Bei Neurospora crassa wird nun durch das Lithium der Proteinzerfall verlangsamt und dadurch für den Pilz sozusagen der Tag verlängert, erläutern die Forscher.

Die Ergebnisse seien vor allem deswegen interessant, weil die innere Uhr des Menschen grundsätzlich nach dem gleichen Prinzip funktioniert. “Indem wir den Prozess beim Pilz genau erforschen, haben wir vielleicht bald die Möglichkeit, auch die Funktionsweise der menschlichen inneren Uhr besser zu verstehen”, sagt Jolma. Das könnte nicht nur helfen, den lästigen Jetlag zu bekämpfen. Es könnte auch ermöglichen, diverse Krankheiten zu untersuchen, die mit Störungen im Tag-Nacht-Rhythmus oder Fehlern der inneren Uhr zusammenhängen – zum Beispiel Schizophrenie oder auch das erhöhte Risiko für Krebs und Stoffwechselerkrankungen bei Schichtarbeitern.

Mitteilung der Universität Stavanger dapd/wissenschaft.de ? Hans Groth
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