Der Geruchssinn ist für das Überleben der meisten Säugetiere essenziell: Sie nutzen ihn, um Nahrung zu finden, um ihre Eltern oder Nachkommen zu erkennen und um mit Rivalen und Partnern zu kommunizieren. Entscheidend für die Feinheit des Geruchssinns sind dabei Geruchsrezeptoren in der Nase, deren Baupläne jeweils auf bestimmten Riechgenen liegen. Man geht davon aus, dass die Anzahl der Rezeptoren und ihrer Gene ungefähr verrät, wie gut ein Tier Düfte wahrnehmen kann. Allerdings: “Die Rezeptoren haben keine 1:1-Beziehung zu einem Duftstoff. Stattdessen kann ein Duft durch mehrere Rezeptoren erkannt werden oder ein Rezeptor seinerseits auf mehrere Düfte reagieren”, erklären Yoshihito Niimura und seine Kollegen von der Universität Tokio. Entsprechend kompliziert ist es, genau herauszufinden, wie und was ein Tier nun genau riecht. Aber die Riechgene geben immerhin einen Anhaltspunkt und erlauben eine erste Einschätzung des Riechvermögens.
Erstaunlicherweise hat beim Geruchssinn nicht der Hund die Nase vorn, sondern Ratten und Mäuse, die bis zu 1,200 funktionsfähige Riechgene besitzen. Der Mensch ist dagegen eher minderbemittelt: er hat nur rund 400 davon, wie die Forscher berichten. Man geht davon aus, dass die Primaten im Laufe ihrer Evolution viele Riechgene verloren oder deaktivierten, weil sie als Augentiere ihren Geruchssinn nicht mehr so intensiv nutzten oder benötigten. Wie es aber dazu kam und wie sich die Geruchswahrnehmung bei anderen Säugetieren entwickelte, darüber weiß man bisher nur wenig. Niimura und seine Kollegen haben deshalb nun die DNA-Sequenzen von 13 Säugetierarten systematisch auf ihre Riechgene hin analysiert und verglichen. Neben Hund, Kuh, Pferd und dem Afrikanischen Elefant gehörten auch Nagetiere und einige Vertreter der Primaten dazu, darunter Mensch, Schimpanse und Orang-Utan.
Mit Abstand das größte Repertoire
Insgesamt identifizierten die Forscher 20.000 verschiedene Riechgene, ihre Anzahl bei den untersuchten Arten unterschied sich jedoch erheblich. Ganz weit vorne lag dabei ausgerechnet der dickste Kandidat: der Afrikanische Elefant. “Sein Genom enthielt 2.000 funktionierende und mehr als 2.200 deaktivierte Riechgene – das ist mit Abstand das größte Repertoire unter allen untersuchten Tierarten”, berichten die Forscher. Er übertrifft damit selbst die Ratten, die bisher als die “Supernasen” unter den Säugetieren galten. Genauere Analysen ergaben, dass Elefant und Nagetiere im Laufe der Zeit besonders viele neue Riechgene hinzu gewonnen haben. Bei den Primaten dagegen wurden im Laufe der Evolution immer mehr deaktiviert.
“Offensichtlich ist die Nase des Elefanten nicht nur lang, sondern auch überlegen”, konstatiert Niimura. Das bestätigt auch frühere Beobachtungen, nach denen Afrikanische Elefanten sich in vielen Situationen stark auf ihren Geruchssinn verlassen. Sie gehören beispielsweise zu den wenigen Säugetieren, die einen Sexuallockstoff produzieren. Männliche Tiere sondern dieses Pheromon während ihrer Brunft aus speziellen Drüsen hinter den Augen ab. Berichten zufolge soll die Nase der Elefanten sogar so fein sein, dass sie Massai und Kamab, zwei in Kenia lebende Volksstämme, an ihrem Geruch unterscheiden können. “Zusammen mit ihrem großen Repertoire an Riechgenen deutet dies darauf hin, dass die Elefanten tatsächlich einen überlegenen Geruchssinn besitzen – auch wenn systematische Tests dazu bisher fehlen”, so das Fazit der Forscher.