Der Klimaschutz-Effekt von Bäumen geht offenbar über die Bindung von Kohlendioxid deutlich hinaus: In ihrer Rinde lebende Mikroben binden große Mengen des starken Treibhausgases Methan aus der Atmosphäre, hat eine Studie aufgedeckt. Den Berechnungen zufolge erhöht die neu entdeckte Methanabsorption den Klimanutzen von Bäumen in gemäßigten und tropischen Breiten um etwa zehn Prozent. Dies steigert somit die Bedeutung des Schutzes der Wälder im Rahmen des Kampfes gegen den Klimawandel, sagen die Forschenden.
Nach dem Kohlendioxid ist es das zweitwichtigste Treibhausgas im Rahmen des Klimawandels: Methan kommt zwar in geringeren Konzentrationen in der Atmosphäre vor, doch sein Erwärmungspotenzial ist viel größer als das von CO₂. Schätzungen zufolge hat sich die Methankonzentrationen in der Luft seit Beginn der Industrialisierung fast verdreifacht und damit zu etwa einem Drittel zum Klimawandel beigetragen. Ein Großteil der menschenverursachten Methan-Emissionen wird durch die Verbrennung fossiler Rohstoffe und durch die Landwirtschaft verursacht. Besonders problematisch ist zudem, dass die Klimaerwärmung zu einer erhöhten Freisetzung des Gases aus natürlichen Quellen wie auftauendem Permafrostboden führt.
Allerdings wird Methan auch fortwährend aus der Luft entfernt: Neben dem Abbau durch chemische Reaktionen in der Atmosphäre galten bisher Mikroben im Boden als die wichtigsten Senken für Methan. Es handelt sich dabei um bestimmte Bakterienarten, die das Gas als Energiequelle für ihren Stoffwechsel nutzen können. Die Rolle der Bäume im globalen Methanhaushalt war bisher dagegen unklar. Denn Messungen haben gezeigt, dass Bäume zumindest im bodennahen Bereich das Gas durch bestimmte Produktionsprozesse abgeben können. Demgegenüber gab es aber auch bereits Hinweise darauf, dass es auf der Oberfläche von Baumstämmen zu Abbauprozessen kommen kann.
Ab einer gewissen Stammhöhe schwindet das Methan
Um mehr Licht auf die Rolle der Bäume im globalen Methan-System zu werfen, haben die Forschenden um Vincent Gauci von der University of Birmingham nun systematisch den Nettoaustausch von Methan zwischen Baumstämmen und der Luft erfasst. In ihrem Fokus standen dabei Waldbäume im tropischen Amazonasgebiet, Laubbäume in Großbritannien und Nadelgehölze in Schweden. Die Methankonzentrationen wurden im Rahmen der Studie durch Kammern erfasst und ausgewertet, die an den Stämmen in verschiedenen Höhen – bis maximal zwei Meter – angebracht wurden.
Wie die Forschenden berichten, stellten sie an allen Standorten das gleiche vertikale Muster beim Methanaustausch fest: Die Werte im Bereich der Baumbasis bestätigten die bisherigen Hinweise darauf, dass Bäume geringe Mengen Methan abgeben können. Bis zu einem Stammhöhenbereich von 130 Zentimetern kommt es demnach zu Nettoemissionen. Doch in den weiter oben gelegenen Stammbereichen übersteigt der Abbau die Abgabe deutlich, stellten die Forscher fest: Es kommt zu einer erheblichen Nettoaufnahme, die die Produktion des Baumes deutlich übersteigt und somit auch Methan aus der Atmosphäre bindet. Aus weiteren Untersuchungsergebnissen ging hervor, dass dies auf die Tätigkeit von Methan-abbauenden Bakterien zurückzuführen ist, die in und auf der Rinde in den höheren Stammbereichen leben. Am stärksten war die Methanabsorption bei den tropischen Wäldern, was wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass die Methan-fressenden Mikroben unter den feuchtwarmen Bedingungen besonders gut gedeihen, sagen die Forschenden.
Erhebliche Bedeutung zeichnet sich ab
Doch wie bedeutend könnte der Effekt im Rahmen des irdischen Methan-Systems sein? Um diese Frage zu beleuchten, erfasste das Team mittels einer Laserscanning-Methode durchschnittliche Rindenflächen von Bäumen. Diese Daten wurden dann mit Schätzungen der irdischen Waldflächen anhand von Satellitendaten verbunden. Die Berechnungsergebnisse verdeutlichten die möglicherweise enorme Bedeutung dieser pflanzlichen Oberflächen. Denn wenn man die Rinde aller Bäume der Welt flach auslegen würde, könnte sie die gesamte Erdoberfläche bedecken. In Verbindung mit ihren zuvor gewonnen Daten kamen die Forschenden dann auch zu einer groben Einschätzung der Bedeutung des Materials für das irdische Methan-System: Baumrinden könnten demnach jährlich etwa 25 bis 50 Millionen Tonnen Methan aus der Atmosphäre entfernen. Dieser Einschätzungswert liegt dabei in einem ähnlichen Bereich, der für die Rolle der Bodenmikroben beim Methanabbau angenommen wird, hebt das Team hervor.
“Wir betrachten den Beitrag der Bäume zur Umwelt bisher hauptsächlich durch die Aufnahme von Kohlendioxid durch die Photosynthese und die Speicherung von Kohlenstoff. Diese Ergebnisse zeigen jedoch einen neuen Aspekt auf, wie Bäume einen wichtigen Beitrag zum Klima leisten“, sagt Gauci. “Die Globale Methanverpflichtung, die 2021 auf dem Klimagipfel COP26 ins Leben gerufen wurde, zielt darauf ab, die Methanemissionen bis zum Ende des Jahrzehnts um 30 Prozent zu senken. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Anpflanzung von mehr Bäumen und die Verringerung der Entwaldung sicherlich wichtige Bestandteile eines jeden Ansatzes zur Erreichung dieses Ziels sein sollten”, so der Wissenschaftler.
Allerdings sind dem Team zufolge nun weitere Untersuchungen nötig, um den neuentdeckten Faktor im globalen Methanhaushalt besser zu verstehen. Vor allem wollen sie jetzt mehr über die Methan-fressenden Rinden-Mikroben und ihre Verbreitung erfahren.
Quelle: University of Birmingham, Fachartikel: Nature, doi: 10.1038/s41586-024-07592-w