Einer interessanten Anpassung auf der Spur: Vor rund 200 Millionen Jahren teilten sich im heutigen Europa riesige Amphibien offenbar ihre Jagdgründe im Wasser durch die Einstellung ihres Auftriebsverhaltens ein, berichten Paläontologen: Während es die Cyclotosaurier wohl eher nach oben trieb, hielten schwere Schulterknochen die Metoposaurier wie ein Bleigürtel am Grund, damit sie dort auf Beute lauern konnten. Die Kompaktheit der Knochenstruktur ähnelte dabei interessanterweise derjenigen in den Brustknochen heutiger Seekühe, zeigen Vergleiche.
Wenn wir am Fundort „Krasiejόw“ im Südwesten Polens eine Zeitreise in die Ära des Trias-Zeitalters antreten könnten, würden wir in einem urzeitlichen Überschwemmungsgebiet landen, das von skurrilen Wesen bevölkert wurde. Neben den Überresten von krokodilähnlichen Reptilien stießen Paläontologen dort auf die Fossilien von Vertretern der sogenannten Temnospondylen. Es handelte sich dabei um eine Gruppe teils mehrere Meter langer Vertreter der Amphibien, die sich vor etwa 300 Millionen Jahren entwickelt hatten. In ihrer speziellen Form starben sie später zwar aus – sie könnten allerdings auch die evolutionäre Grundlage einer enorm wichtigen Entwicklungslinie gebildet haben: “Einige Forscher sind der Meinung, dass die heutigen Frösche, Kröten und Salamander Nachfahren dieser Temnospondyli sein könnten”, sagt Sudipta Kalita von der Universität Bonn.
Fragender Blick auf eine massiv wirkende Struktur
Im Rahmen ihrer Studie haben Kalita und seine Kollegen nun zwei Temnospondylen-Arten ins Visier genommen, die am Fundort vor etwa 225 bis 215 Millionen Jahren gleichzeitig existiert haben. Bei dem einen handelt es sich um den etwa 3,5 Meter langen Cyclotosaurus intermedius, bei dem anderen um den etwa zwei Meter langen Metoposaurus krasiejowensis. Besonders richtete sich der fragende Blick der Forscher dabei auf den zweiten der beiden Riesen-Lurche. Denn Metoposaurus unterschied sich in einem Merkmal von anderen Temnospondyli-Arten auffallend: Was hatte es mit seinen besonders massiven Schulterknochen auf sich? Diese schwer wirkenden Strukturen weckten den Verdacht, dass sie den Auftrieb im Wasser verringert haben könnten, um dem Tier einen bequemen Aufenthalt am Grund zu ermöglichen.
Doch sogar das Gegenteil könnte der Fall gewesen sein: “Ein großer Knochen muss nicht unbedingt schwer sein”, sagt Co-Autorin Dorota Konietzko-Meier von der Universität Bonn. “Die Dichte des Knochens ist entscheidend für das Verständnis einer jeweiligen Anpassung”, erklärt die Amphibien-Expertin. Um Einblicke in die Auftriebseigenschaften und damit in die Lebensweise zu gewinnen, untersuchte das Team die Innenstruktur der Knochen von Metoposaurus sowie von Cyclotosaurus. So waren Vergleiche zwischen den beiden Ur-Amphibien möglich sowie mit heute lebenden Tierarten. Die Forscher schnitten dazu Elemente des Schultergürtels auf und fertigten Dünnschnitte der Strukturen an. Neben mikroskopischen Untersuchungen wurden diese Schnitte auch gescannt, damit eine Pixelzähl-Software die prozentuale Kompaktheit der Knochenstrukturen automatisch erfassen konnte.
Schwere Knochen wie eine Seekuh
Wie die Forscher berichten, zeichnete sich im Fall von Metoposaurus eine auffallend dichte Knochenmasse ab – sowohl bei Fossilien, die von Erwachsenen als auch von Jungtieren stammten. Im Vergleich dazu erschienen die Strukturen von Cyclotosaurus eher porös. Vergleiche mit heutigen Lebewesen bestätigten dann im Fall von Metoposaurus, dass die schweren Brustknochen wohl tatsächlich der Regulation des Auftriebs gedient haben: “Die Kompaktheit des Knochens weist eine auffällige Ähnlichkeit mit derjenigen der Brustknochen moderner Seekühe auf”, berichtet Kalita. Dieses Merkmal erlaubt diesen Säugern bekanntermaßen, in ihrem flachen Küstenlebensraum bequem abtauchen und unter Wasser Seegras fressen zu können. Ansonsten müssten sie mit viel Muskelenergie den Auftrieb durch Paddelbewegungen kompensieren.
Aus diesem Grund besaß also offenbar auch der urzeitliche Riesen-Lurch seinen schweren Schulterbereich: Wie der Bleigürtel von Tauchern hielt diese Struktur die Räuber am Grund der urzeitlichen Gewässer, damit sie dort bewegungslos und ohne Aufwand lauern konnten. Vermutlich tauchte das Tier nur auf, um bei Bedarf nach Luft zu schnappen. Damit zeichnet sich nun eine interessante Spezialisierung in dem damaligen Ökosystem ab, resümieren die Forscher: Während Cyclotosaurus und die krokodilähnlichen Phytosaurier (im Bild rechts-oben dargestellt) eher im Oberflächenbereich auf Jagd gingen, wartete Metoposaurus am Grund darauf, dass ihm Beute vor sein breites Maul schwamm.
Quelle: Universität Bonn, Fachartikel: Journal of Anatomy, doi: 10.1111/joa.13755