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Riesiger Meeressaurier entwickelte sich in Rekordzeit

Paläontologie

Riesiger Meeressaurier entwickelte sich in Rekordzeit
Künstlerische Darstellung von Cymbospondylus youngorum bei der Jagd vor 246 Millionen Jahren. Stephanie Abramowicz. Stephanie Abramowicz / Natural History Museum of Los Angeles County (NHM)

In den Ozeanen der Trias vor rund 246 Millionen Jahren lebte ein riesiger Fischsaurier: Allein der Schädel von Cymbospondylus youngorum maß zwei Meter, sein gesamter Körper wohl über 17 Meter. Forscher haben den Meeresriesen nun erstmals anhand eines gut erhaltenen Schädel-Fossils detailliert beschrieben. Die Analysen zeigen zudem, dass sich der Gigant auf evolutionären Zeitskalen erstaunlich schnell entwickelt hat: Die Spezies tauchte nur etwa drei Millionen Jahre nach Aufkommen der ersten Fischsaurier auf. Wale dagegen brauchten über 50 Millionen Jahre, um ihre gigantischen Ausmaße zu erreichen.

Vor rund 252 Millionen Jahren, am Übergang vom Perm zur Trias, starben nach großen Vulkanausbrüchen mehr als drei Viertel der damals lebenden Spezies aus. In den folgenden Millionen Jahren entstand auf der Erde eine neue Fauna, die unter anderem einige der größten Lebewesen hervorbrachte, die jemals auf unserem Planeten gelebt haben. Dazu zählten sowohl einige der an Land lebenden Dinosaurier als auch Vertreter der Ichthysaurier, deren Vorfahren zwar an Land lebten, die aber selbst ähnlich wie heutige Wale und Delfine die Ozeane bewohnten.

Riesen-Saurier aus dem Ozean

Einen sehr frühen Meeresgiganten hat nun ein Team um Martin Sander von der Universität Bonn beschrieben: Cymbospondylus youngorum. „Der Ozeanriese lebte vor 246 Millionen Jahren, nur etwa drei Millionen Jahre nach dem Auftreten der ersten Ichthyosaurier“, berichten die Forscher. Entdeckt haben sie das riesige Skelett in einer Gesteinseinheit namens Fossil Hill Member in den Augusta Mountains in Nevada (USA). Schon 1998 waren dort erste Wirbel zum Vorschein gekommen. „Die Bedeutung des Fundes war lange nicht ersichtlich, da nur einige wenige Wirbel am Rande der Schlucht freigelegt wurden“, erzählt Sander. „Die Anatomie der Wirbel ließ jedoch vermuten, dass das Vorderende des Tieres noch in den Felsen verborgen sein könnte.“

Tatsächlich fand sein Team bei Ausgrabungen 2011 den gut erhaltenen, zwei Meter langen Schädel des riesigen Meeresreptils, zusammen mit Überresten der Vorderflossen und des Brustbereichs. Die Forscher datierten den Fund auf ein Alter von 246 Millionen Jahren. Anhand der Größe der erhaltenen Knochen, insbesondere des Schädels, schätzten sie die Gesamtlänge des Tieres auf mindestens 17 Meter – also etwa so groß wie ein heutiger Pottwal. Damit handelt es sich bei dem neu entdeckten Meeressaurier um das wahrscheinlich größte Tier seiner Zeit. „Soweit wir wissen, war es sogar das erste riesige Lebewesen, das jemals auf der Erde gelebt hat“, sagt Sander.

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Allein der Schädel von Cymbospondylus youngorum ist etwa zwei Meter lang. (Bild: Martin Sander)

Evolution im Rekordtempo

Die Evolution zum Riesenwuchs verlief den Forschern zufolge bei Cymbospondylus youngorum erstaunlich schnell – innerhalb von nur drei Millionen Jahren seit dem Aufkommen der ersten, noch sehr kleinen Fischsaurier. „Während die Wale etwa 90 Prozent ihrer 55 Millionen Jahre dauernden Geschichte benötigten, um sich zu Riesen zu entwickeln, gelang dies den Ichthyosauriern – am Beispiel von C. youngorum – im ersten Prozent ihrer 150 Millionen Jahre währenden Geschichte“, schreiben Lene Delsett und Nicholas Pyenson vom National Museum of Natural History in Washington in einem begleitenden Kommentar zur Studie.

Doch wie konnte bei den Ichthyosauriern so schnell eine riesenwüchsige Spezies entstehen? Um das herauszufinden, modellierten Sander und seine Kollegen am Computer das damalige Ökosystem und berechneten, wie viel Energie das Nahrungsnetz geliefert haben könnte. Dazu bezogen sie weitere Fossilfunde von potenziellen Beutearten ein, die ebenfalls in Fossil Hill konserviert waren. Wie die Forscher berichten, lebten in der Zeit nach dem Massenaussterben zahlreiche Ammoniten in den Meeren – eine Gruppe heute ausgestorbener Kopffüßer, die mit den modernen Tintenfischen verwandt ist. Gemeinsam mit anderen Meereslebewesen lieferten sie den Ichthyosauriern offenbar viel Nahrung. „Wir nehmen an, dass sich die Ichthyosaurier auch derart rasant entwickeln konnten, weil sie als erste größere Lebewesen die Weltmeere bevölkerten und einem geringeren Konkurrenzkampf ausgesetzt waren“, sagt Sander.

Ähnliche Entwicklung in unterschiedlicher Geschwindigkeit

Ein Vergleich mit den heutigen Riesen der Meere, den Walen, zeigt: Sowohl Fischsaurier als auch Wale mussten neue ökologische Nischen im Nahrungsnetz ausnutzen, um wirklich groß werden. „Die Ergebnisse unserer Studie verdeutlichen, wie sich verschiedene Gruppen mariner Tetrapoden unter einigermaßen ähnlichen Umständen, aber mit überraschend unterschiedlicher Geschwindigkeit zu Körpergrößen epischen Ausmaßes entwickelt haben“, sagt Co-Autor Jorge Velez-Juarbe vom Natural History Museum in Los Angeles. „Mit dem Datensatz, den wir zusammengestellt haben, und den getesteten Analysemethoden können wir in Zukunft auch über die Einbeziehung anderer Gruppen sekundär aquatischer Wirbeltiere nachdenken, um diesen Aspekt ihrer Evolutionsgeschichte zu verstehen.“

Quelle: Marin Sander (Universität Bonn) et al., Science, doi: 10.1126/science.abf5787

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