Gerade jetzt im Frühjahr wollen viele Gartenbesitzer ihren Rasen neu ansäen oder vielleicht eine schöne bunte Blumenweise aus einheimischen Wiesenpflanzen schaffen, um Bienen und anderen Insekten Futter zu bieten. Aber welche Samen nimmt man dazu am besten? Im Handel gibt es zwar verschiedenste Saatgutmischungen heimischer Wiesenblumen und Wildkräuter, aber diese können theoretisch überall auf der Welt gewonnen worden sein.
“Im Ausland lässt sich dieses Saatgut zwar oft günstiger gewinnen als in Deutschland”, erklärt Walter Durka vom Helmholzzentrum für Umweltforschung UFZ. “Dafür sind die Pflanzen dann aber vielleicht an die Bedingungen in Neuseeland angepasst und nicht an die in Bayern oder Brandenburg.” Denn auch wenn die Pflanzen zur gleichen Art gehören, werden sie von ihrer Umwelt geprägt und bilden regional unterschiedliche genetische Populationen.
Unterschiede im Erbgut selbst innerhalb Deutschlands
Wie sich die Herkunft des Saatguts auf das Gedeihen der Pflanzen auswirkt, haben Durka und seine Kollegen nun erstmals genauer untersucht. Im ersten Schritt analysierten und verglichen sie das Erbgut von sieben häufigen Wiesenpflanzen, die aus acht von insgesamt 22 deutschen Herkunftsgebieten stammten. “Bei allen Arten haben wir genetische Unterschiede zwischen den Regionen gefunden”, berichtet Durka.
Wie groß diese Unterschiede sind, hängt allerdings von der Biologie der jeweiligen Pflanze ab. So sind windbestäubte Gräser nur wenig verschieden, weil sie ihre Erbinformationen über relativ große Entfernungen austauschen. Anders dagegen bei der von Insekten bestäubten Kuckucks-Lichtnelke oder dem Weißen Labkraut: Sie sind stark regional angepasst.
Regionales Saatgut wächst besser
Aber wie wirkt sich das auf das Gedeihen der Wiese aus? Um das zu testen, säten die Forscher die sieben Arten sowohl im Herkunftsgebiet als auch anderswo in Deutschland aus und beobachteten, wie gut sie wuchsen und wann sie blühten. “Bei vielen der untersuchten Wiesenarten war es tatsächlich so, dass Pflanzen regionaler Herkunft besser wuchsen”, berichten die Forscher. So lieferten die regionalen Gewächse im Schnitt sieben Prozent mehr Biomasse und zehn Prozent mehr Blütenstände als “fremde” Artgenossen.
Doch nicht nur die Pflanze selbst profitiert von ihrer regionalen Anpassung, sondern auch die Wiesenbewohner. Denn je nach Region blühen die Wiesenpflanzen zu jeweils unterschiedlicher Zeit – obwohl sie zur gleichen Art gehören. Bei Wiesen-Flockenblumen verschiedener Herkunft lagen bis zu 17 Tage zwischen den Blühterminen, beim Weißen Labkraut sogar bis zu 23 Tage. “Das ist aus ökologischer Sicht sehr viel”, sagt Anna Bucharova von der Universität Tübingen.
Schließlich haben sich zahlreiche Tierarten von den Bestäubern über die Bewohner der Blütenköpfe bis zu den Samenfressern auf den regional üblichen Zeitplan eingerichtet. “Es kann durchaus sein, dass diese ganze Lebensgemeinschaft in Schwierigkeiten kommt, wenn gebietsfremde Pflanzen zur falschen Zeit blühen”, befürchtet die Wissenschaftlerin. Noch ein Grund mehr, bei Saatgut auf Regionalität zu setzen.
Quelle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Fachartikel: Journal of Applied Ecology, doi: 10.1111/1365-2664.12645