Die Herde weidet in der Tundra in Québec und zählte in den 1980er Jahren 800.000 bis 900.000 Tiere. Neueste Bestandsaufnahmen schätzen die Herde heute auf nur noch 25.000 Tiere. Die Gründe für diesen dramatischen Rückgang bleiben rätselhaft. Einige Biologen machen die Jagdaktivitäten der indigenen Bevölkerung verantwortlich. Innu-Sprecher George Rich dementiert dies gegenüber der Menschenrechts-organisation Survival International: „Die Regierung macht stets die Indigenen verantwortlich, aber wir stehen in einer tiefen Verbindung mit den Karibus und haben über Generationen mit ihnen zusammen gelebt.” Auch laut dem Innu-Ältesten Georges-Ernest Grégoire ist das Karibu zentral für das Leben der Innu: “Das Karibu ist sehr bedeutend für unsere Kultur, unseren Glauben und unsere Gesellschaft als Jäger. Es lebt seit Tausenden von Jahren auf unserem Heimatland Nitassinan”, der zu Québec gehörenden Labrador-Halbinsel.
Die Innu sehen den Grund für den Rückgang der Herde im Bergbau und neuen Erschließungen in der Region. Diese haben zur Zerstörung und Teilung ihrer Weidegründe geführt, die Wanderrouten der Rentiere gestört und das Land überflutet. Kanadas Umweltministerium geht davon aus, dass der Rückgang auch auf Probleme bei der Nahrungssuche, sowie auf Krankheiten und die Auswirkungen des Klimawandels zurückzuführen sind. Sollte das Sterben der Karibu nicht aufgehalten werden, wäre dies ein weiterer Schlag im Leben der Innu, die früher halb-nomadisch lebten. Seit sie sich auf Drang der Regierung und der Kirche in den 1950er Jahren in Siedlungen niederließen, leiden sie unter großen sozialen und gesundheitlichen Problemen.
Weitere Geschichten über Rentiere und ihre Hirten auf der Internetseite von Survival International. Dort findet sich auch eine Bildergalerie.
Zur Autorin
Alice Bayer arbeitet für Survival International.
Fotos: © RAIPON/ Survival