Die Forscher machten vor und nach dem Eingriff Tests, um die Sprachwahrnehmung der Patienten zu messen. Sechs der Patienten waren erwachsen, die beiden anderen drei und ein halbes Jahr alt. Alle Erwachsenen, bis auf einen, hatten, bevor sie taub wurden, Sprachfähigkeiten entwickelt. Keines der Kinder hatte jedoch jemals sprechen gelernt. Die Tests vor der Einpflanzung zeigten, dass diejenigen Erwachsenen, die sprechen konnten, bevor sie taub wurden, so gut wie keine Klänge, Wörter oder Sätze erkennen konnten. Nach Einsetzten des Implantats konnten drei der fünf Patienten Geräusche verschiedener Arten voneinander unterscheiden. Die Person, die niemals sprechen lernte und so noch nie ein gesprochenes Wort verstanden hat, hat mit dem Implantat eine Vorstellung von Klängen und ein eingeschränktes Verständnis von gesprochenen Wörtern bekommen.
El-Kashlan und seine Kollegen glauben, dass das Cochlea-Implantat als eine Art “sensorischer Ersatz” fungiert, der den Patienten erlaubt, Wörter allein am Klang zu erkennen, auch wenn sie nicht sehen können, wie jemand seine Lippen bewegt. Je kürzer die Zeit zwischen Ertaubung und Einsetzten des Implantats, umso besser ist die Aussicht auf ein differenziertes Hören mit dem Implantat. Generell führt bei Patienten, die nach dem Erlernen von Sprache ertaubt sind, solch ein Implantat zu besseren Ergebnissen, als bei Menschen, die nie sprechen gelernt haben. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass bei diesen Menschen das völlig ausgereifte Gehirn sich nicht mehr auf neue Sinneseindrücke einstellen kann. Taub geborene Kinder hingegen haben mit einem solchen Implantat gute Chancen auf eine relativ gute Sprachentwicklung. Dies bestätigen auch Versuche an jungen, taub geborenen Katzen, bei denen die Auswirkung eines Cochlea-Implantats auf das Gehirn untersucht wurde. Es zeigte sich, dass bei den Katzen der auditorische Cortex, der Teil der Großhirnrinde, der dem Hören dient, bei Geräuschen aktiv war und die aktive Region im Gehirn mit der Nutzungszeit des Implantats sogar an Größe zunahm.
Das Cochlea-Implantat kann nur bei ertaubten Menschen mit intaktem Hörnerv eingesetzt werden. Das Gerät besteht aus einem Empfangsteil und einem Multielektrodenträger, der in das Innenohr eingesetzt wird. Dort übertragen die Elektroden elektrische Signale an den Hörnerven. Die elektrischen Signale kommen von einem kleinem Gerät, dem sogenannten Sprachprozessor, den der Patient bei sich trägt und der die Geräusche der Umwelt über ein Mikrophon aufnimmt, digitalisiert und an das Cochlea-Implantat übermittelt. Der Stromfluss über ein bestimmtes Elektrodenpaar führt zu einer Stimulation eines Bereiches an Nerven, was für den Träger zu der Wahrnehmung eines Tones von bestimmter Höhe führt. Um verschiedene Töne unterschiedlicher Höhen erzeugen zu können, hat das Implantat mehrere Elektroden.
Weltweit tragen bereits über 20.000 taube Menschen so ein Implantat in der Cochlea, dem schneckenförmigen Teil im Inneren des Ohres. Diese Geräte galten jedoch bislang für taub-blinde Patienten als nicht geeignet. Viele taube Implantatträger nutzen neben dem Gerät ihre Fähigkeit sehen zu können, um beispielsweise gesprochene Wörter zu erkennen. Im Versuch zeigte sich jedoch, dass die taub-blinden Probanden besser Hören und ein gesprochenes Wort verstehen konnten als ausschließlich taube Implantatträger.
Nicole Waschke