Der Große Panda gilt als Symboltier bedrohter Arten. Nun ist es Forschenden gelungen, induzierte pluripotente Stammzellen aus Bindegewebszellen zweier Großer Pandas zu erzeugen. Diese können sich unter anderem in Keimzellen differenzieren und embryonales Gewebe erzeugen. Die Pandabären-Stammzellen bieten damit eine wertvolle Ressource sowohl für die Forschung als auch für die Behandlung von Krankheiten Großer Pandas. Damit kann die Technik einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Art leisten.
Nur noch etwa 2000 Große Pandas kommen in freier Wildbahn vor. Ihr Lebensraum fällt immer weiter menschlichen Aktivitäten zum Opfer, wird zerteilt und zerstört, sodass die Spezies gefährdet ist. „Gegenwärtig haben die Bemühungen um die Erhaltung des Großen Pandas zu einem messbaren Anstieg der Population geführt, was vor allem auf den Schutz des Lebensraums und die Nachzucht in Gefangenschaft zurückzuführen ist“, berichtet ein Team um Yuliang Liu vom Forschungszentrum für die Zucht des Großen Pandas in Chengdu in China. 2016 hat die Weltnaturschutzunion IUCN den Gefährdungsstatus der Spezies deshalb von „stark gefährdet“ auf „gefährdet“ herabgestuft. Dennoch sinkt die genetische Vielfalt in zahlreichen isoliert lebenden Pandabären-Populationen. „Für 15 wildlebende Populationen betragt das Risiko des Aussterbens über 90 Prozent“, schreiben die Forschenden. „Es ist unbedingt erforderlich, die genetischen Ressourcen der Großen Pandas zu erhalten.“
Reprogrammierung von Fibroblasten
Liu und sein Team haben dafür nun einen biotechnologischen Ansatz gewählt. „Uns ist es erstmals gelungen, erfolgreich induzierte pluripotente Stammzellen aus den Fibroblasten des Großen Pandas zu erzeugen“, berichten sie. Als Zellspender dienten zwei Pandabären aus dem Forschungszentrum in Chengdu: das 13-jährige Weibchen Xingrong und das 14-jährige Männchen Loubao. Von beiden Pandas entnahmen die Forschenden kleine Gewebeproben aus der Haut und isolierten daraus einige Fibroblasten.
Durch eine Reihe aufeinander abgestimmter Reprogrammierungsschritte wandelten sie diese Zellen in induzierte pluripotente Stammzellen um. Dabei entwickelten die Forschenden eine artspezifische Zusammensetzung der Zellkultur und untersuchten und dokumentierten, welche biochemischen Signalnetze die Pluripotenz der Zellen auslösten und ihre Vermehrung förderten. Analysen der Gentranskription belegten, dass in den induzierten pluripotenten Stammzellen im Vergleich zu den ursprünglichen Fibroblasten 1261 Gene hochreguliert waren – darunter solche, die in Verbindung mit der Zellteilung und der embryonalen Entwicklung stehen – und 1671 Gene herunterreguliert waren.
Hilfreich für Forschung, Medizin und Arterhaltung
In weiteren Versuchen testete das Team, wie verschiedene Bedingungen in der Zellkultur die Differenzierung der Stammzellen beeinflussen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die induzierten pluripotenten Stammzellen des Großen Pandas die Fähigkeit besitzen, sich in verschiedene Zelltypen zu differenzieren, was einen bemerkenswerten Beitrag zum Repertoire an Ressourcen für die Grundlagenforschung an Großen Pandas und die klinische Behandlung von Krankheiten des Großen Pandas darstellt“, schreiben Liu und seine Kollegen.
Unter anderem gelang es den Forschenden, aus den Stammzellen sogenannte Embryoide zu erzeugen, die aus den drei Gewebetypen der embryonalen Keimblätter bestanden. „Da embryonales Material von gefährdeten großen Säugetieren begrenzt ist, stellen induzierte pluripotente Stammzellen ein beispielloses Instrument dar, um Einblicke in die Embryogenese und Organogenese zu gewinnen“, schreiben Liu und sein Team. „Dieser entscheidende Fortschritt stellt einen wesentlichen Schritt in Richtung unseres Ziels dar, induzierte pluripotente Stammzellen Großer Pandas für die In-vitro-Gameten- und Embryonenerzeugung zu nutzen.“
Aus Sicht der Forschenden ließe sich auf diese Weise die genetische Vielfalt der in Gefangenschaft gehaltenen Großen Pandas erhöhen. „Zudem bietet diese Innovation wertvolle Ressourcen für die fortgeschrittene Forschung an Stammzellen des Großen Pandas, was die Bemühungen um die Erhaltung dieser seltenen Art deutlich fördern wird“, so die Forschenden. „Induzierte pluripotente Stammzellen bieten eine sich selbst erneuernde, unerschöpfliche Quelle von Material gefährdeter Arten und sind in der Lage, verschiedene Zelltypen nach Bedarf zu regenerieren.“
Quelle: Yuliang Liu (Chengdu Research Base of Giant Panda Breeding, Sichuan Province, China) et al., Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.adn7724