Nicht nur im Grundwasser, sondern auch in den Ackerböden sammeln sich immer mehr Plastikreste, unter anderem aus jahrelanger Düngung mit Klärschlamm. Jetzt zeigen Untersuchungen, dass dieses Plastik auch 30 Jahre später noch nahezu unvermindert im Boden erhalten ist. Die großen Mengen an Plastik in Ackerböden können die Fruchtbarkeit beeinträchtigen, aber auch über die Nahrungskette zu uns Menschen gelangen.
Konstante Belastung: Jedes Mal, wenn wir duschen gehen oder unsere Wäsche waschen, lösen sich Mikroplastikteilchen aus der Shampooflasche oder von unserer Kleidung und verschmutzen das Grundwasser. Die Plastikpartikel finden dabei ihren Weg in jedes noch so entlegene Ökosystem und wurden bereits in den Tiefen des Mariannengraben und an der Spitze des Mount Everest nachgewiesen. Doch nicht nur Gewässer, sondern auch landwirtschaftlich genutzte Flächen sind von der Mikroplastikbelastung betroffen. Eine der Quellen dieser Kunststoffverschmutzung beim Ackerbau ist die Düngung der Böden.
Was passiert mit Plastik im Boden?
Zur Bodenverbesserung und Düngung nutzen Landwirte häufig die Abfälle aus Kläranlagen. Doch neben wertvollen Nährstoffen und organischen Substanzen, brachte diese Methode auch das Plastik in den Boden ein. Denn Klärschlamm enthält im Durchschnitt knapp 1.500 Plastikpartikel pro Kilogramm, wie man heute weiß. Wegen der teils hohen Belastung der Klärschlämme mit Schwermetallen und anderen Verunreinigungen ist ihre Ausbringung inzwischen streng reglementiert. Daher wird Klärschlamm zur Düngung heute kaum mehr eingesetzt.
Doch was ist aus den Plastikpartikeln geworden, die damals auf die Felder ausgebracht wurden? Das haben nun Collin Weber und seine Kollegen Peter Chifflard und Alexander Santowski von der Phillips-Universität Marburg untersucht. „Was mit den Partikeln geschieht, nachdem sie in die Agrarlandschaft gelangt sind – ob der Kunststoff abgebaut wird oder sich räumlich verteilt –, blieb bisher unklar“, sagt Chifflard. Um dies herauszufinden, nahmen die Wissenschaftler Agrarflächen der Universität Gießen in Mittelhessen unter die Lupe, zu denen detaillierte Aufzeichnungen über die Nutzung vorliegen. „Seit Mitte der 1980er Jahre wurde auf den untersuchten Flächen kein Klärschlamm mehr verwendet“, berichtet Santowski.
Hohe Plastikbelastung bis heute
Die Ergebnisse zeigen, dass 30 Jahre im Lebenszyklus eines Kunststoffs keine lange Zeit sind: Die Oberfläche der früher mit Klärschlamm gedüngten Ackerflächen weist immer noch eine hohe Dichte an Makroplastik auf – also an Kunststoffpartikeln ab einer Größe von fünf Zentimetern. Gräbt man bis zu neunzig Zentimeter tief im Boden, so stößt man auf bis zu 56 Plastikpartikel pro Kilogramm Trockenmasse, wie die Forscher berichten. Auch die Belastung mit Mikroplastik war auf den zuvor mit Klärschlamm gedüngten Ackerflächen signifikant höher als auf den unbehandelten Nutzflächen.
Bei der Verteilung des Kunststoffs auf den Ackerflächen zeigen sich außerdem bestimmte Muster, berichtet Weber: „Die Flächen mit direktem Klärschlammeintrag enthalten das meiste Plastik – rundherum findet man deutlich weniger“. Die Plastikteilchen bleiben also auch über einen längeren Zeitraum am selben Ort und verteilen sich nur begrenzt. Dass sie sich überhaupt ausbreiten, liegt laut der Forscher wahrscheinlich hauptsächlich am Pflügen der Oberfläche und weniger an natürlichen Ursachen wie Wind oder Erosionen.
Reglementierung kommt zu spät
Die großen und kleinen Plastikpartikel verbleiben demnach sehr lange in der Erde. Was bedeutet das nun für die Landwirtschaft? Laut Weber kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Verschmutzung auch die Funktion des Ackerbodens beeinflusst. „Vorangegangene Studien haben bereits gezeigt, dass die Anwesenheit von Plastik und Mikroplastik im Boden die Bodeneigenschaften, Bodenorganismen und das Pflanzenwachstum negativ beeinträchtigen“, berichten Weber und seine Kollegen. Wenn Pflanzen die Plastikpartikel aufnehmen, könnten diese außerdem in die Nahrungskette gelangen und gesundheitliche Probleme bei Menschen verursachen.
Neue Regulationen und Strategien zur Vermeidung vom Plastik in Ackerböden kommen bereits zu spät, schlussfolgern Weber und seine Kollegen. Das Plastik hält sich über Jahrzehnte in Ackerböden, die somit längst zu einem Reservoir für die menschengemachte Kunststoffverschmutzung geworden sind.
Quelle: Phillips-Universität Marburg; Fachartikel: Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-022-10294-w