Borkenkäfer haben hierzulande bereits große Waldflächen zerstört. Sie verrichten ihr Werk besonders effizient, wenn die befallenen Bäume zuvor bereits von speziellen Pilzen geschwächt wurden. Wie Forschende jetzt herausgefunden haben, „rufen“ diese Pilze die Käfer sogar gezielt als Verstärkung herbei, indem sie einen speziellen Lockstoff ausströmen, den sie aus Fichtenharz herstellen. Die neuen Erkenntnisse könnten dabei helfen, Borkenkäferbefälle in Zukunft abzumildern und Fichtenwälder zu retten.
Der Große Achtzähnige Fichtenborkenkäfer, auch „Buchdrucker“ genannt, ist ein Schädling, der in Europa bereits mehrere Millionen Hektar Nadelwälder zerstört hat. Er gräbt sich in die Rinde von Fichten, wo er sich paart und seine Eier ablegt. Die schlüpfenden Larven fressen sich durch die äußeren Schichten des Baumstamms und zerstören dabei die für den Wasser- und Nährstofftransport wichtigen Leitungsbahnen. Schon länger ist bekannt, dass die Käfer vorwiegend Wirtsbäume befallen, die bereits mit bestimmten Pilzen wie Grosmannia penicillata infiziert sind. Vermutlich schwächt der Pilz die Abwehrkräfte des Baumes so weit, dass die Käfer problemlos ihr Werk verrichten können.
Vom Fichtenharz zum Lockstoff
Doch die Komplizenschaft von Pilz und Käfer beim „Baum-Mord“ ist offenbar noch enger als erwartet. Forschende um Dineshkumar Kandasamy vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena haben in Experimenten herausgefunden, wie genau Käfer und Pilz zusammenfinden. Dafür ließen sie zunächst Grosmannia-Pilze auf einem Medium mit Fichtenrindenpulver wachsen und analysierten, welche chemischen Verbindungen diese in die Luft abgaben. Dabei zeigte sich, dass die Pilze Terpenverbindungen aus dem Fichtenharz nutzen, um daraus sauerstoffhaltige Derivate wie Kampfer und Thujanol herzustellen.
Diese chemischen Verbindungen wirken auf Buchdrucker sehr anziehend, wie sich in speziellen Versuchsarenen des Forschungsteams zeigte. Weitere Tests enthüllten außerdem, dass die Käfer in ihren Antennen sogar spezielle Geruchssinneszellen besitzen, die auf die Wahrnehmung eben jener Verbindungen spezialisiert sind. „Für uns war damit klar, dass diese flüchtigen Stoffe als chemische Signale dienen, die die Symbiose zwischen Borkenkäfern und den mit ihnen assoziierten Pilzen aufrechterhalten,“ fasst Kandasamy zusammen. Doch die Pilzpartner locken die Käfer nicht nur an, sondern stimulieren sie mit den produzierten Duftstoffen außerdem zum Tunnelbau, wie Verhaltensbeobachtungen zeigten.
Neue Pheromon-Fallen für die Schädlingsbekämpfung
In der Natur würde die Symbiose zwischen Pilz und Käfer also folgendermaßen aussehen: Grosmannia-Pilze befallen eine Fichte, schwächen deren Abwehrkräfte und senden gleichzeitig spezielle Lockstoffe aus, die sie aus dem Harz des Baumes herstellen. Borkenkäfer nehmen diese Duftstoffe wahr und begeben sich zur bereits geschwächten Fichte. Dort graben sie sich in die Rinde, um ihre Eier abzulegen, und senden ihrerseits ebenfalls Lockstoffe aus, die noch mehr Borkenkäfer herbeirufen. Irgendwann stirbt die Fichte durch den Doppelbefall. Ist sie durch anhaltende Dürren und hohe Temperaturen ohnehin geschwächt, hat das Käfer-Pilz-Duo noch leichteres Spiel.
Diese neuen Erkenntnisse könnten in Zukunft dabei helfen, Borkenkäferausbrüche effizienter zu bekämpfen. Bislang kamen im Kampf gegen die Schädlinge meist sogenannte Pheromonfallen zum Einsatz. Diese ahmen die Lockstoffe nach, die Borkenkäfer untereinander aussenden, um Artgenossen anzulocken. Doch bei den jüngsten Ausbrüchen haben sich diese Fallen nicht mehr als wirksam erwiesen. Daher testen die Forschenden nun, ob sich die Wirkung wiederherstellen lässt, wenn man den Fallen die Duftstoffe aus dem Pilzstoffwechsel zusetzt.
Quelle: Max-Planck-Institut für chemische Ökologie; Fachartikel: PLOS Biology, doi: 10.1371/journal.pbio.3001887