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Photosynthese nah am dunklen Limit

Bio-Energiegewinnung

Photosynthese nah am dunklen Limit
Die Biomasseproduktion der Mikroalgen und die Lichtverhältnisse wurden im Rahmen der MOSAiC-Expedition durch spezielle Messgeräte erfasst. © Alfred-Wegener-Institut / Michael Gutsche (CC-BY 4.0)

Sogar das extreme Dämmerlicht unter dem Eis können die grünen Winzlinge noch nutzen: Photosynthese ist bei deutlich schwächeren Lichtbedingungen möglich als gedacht, zeigt eine Entdeckung bei arktischen Mikroalgen. Dies lässt wiederum vermuten, dass biologische Energiegewinnung auch in größeren Wassertiefen der Ozeane stattfinden könnte als bisher angenommen. Die Ergebnisse haben damit eine erhebliche Bedeutung für das Verständnis des marinen Kohlenstoffkreislaufs, sagen die Forschenden.

Mithilfe von Lichtenergie erzeugen sie aus Kohlendioxid energiereiche Substanzen und Sauerstoff. Die Fähigkeit von Pflanzen und anderen „grünen“ Organismen zur Photosynthese bildet die Grundlage des Energiestoffwechsels fast allen Lebens auf unserem Planeten. Wegen seiner fundamentalen Bedeutung wurde dieses Naturpatent umfangreich erforscht. Doch überraschenderweise ist dabei bisher ein Aspekt unklar geblieben: Welchen Mindestlichtbedarf besitzen photosynthetische Organismen, um genügend Energie für einen Biomasseaufbau zu gewinnen? Es gab dazu zwar theoretische Berechnungen auf der Grundlage physikalischer und biochemischer Parameter. Bisher war aber zu vermuten, dass die Natur dieses Potenzial nicht ausschöpft. Denn photosynthetische Biomasseproduktion wurde bisher nur bei Lichtmengen nachgewiesen, die deutlich über dem theoretisch möglichen Minimum lagen.

Dem Lichtminimum auf der Spur

Doch nun haben Forschende um Clara Hoppe vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven die unteren Grenzen der Photosynthese-Fähigkeiten erneut ausgelotet. In ihrem Fokus standen dabei Mikroalgen – Vertreter des Phytoplanktons sowie Eisalgen, die in und unter dem arktischen Packeis leben. Das Team nutzte dabei Daten, die im Rahmen des internationalen MOSAiC-Forschungsprojekts gewonnen wurden. Dabei ließ man den deutschen Forschungseisbrecher Polarstern im Nordpolarmeer auf 88 Grad nördlicher Breite einfrieren, um dann fast ein Jahr lang die Entwicklungen des arktischen Klima- und Ökosystems im Jahresverlauf zu untersuchen.

Schematische Darstellung der Messungen im Rahmen der MOSAiC-Expedition. © Alfred-Wegener-Institut

Für die Studie wurden die Daten von Messgeräten im und unter dem Eis ausgewertet, die Informationen zur Biomasseproduktion sowie den Lichtverhältnissen lieferten. „Für die Messungen von so niedrigen Lichtmengen unter den harschen Bedingungen des arktischen Winters mussten wir mitten in der Polarnacht spezielle, neuentwickelte Messgeräte ausbringen“, berichtet Co-Autor Niels Fuchs von der Universität Hamburg.

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Wie die Forschenden berichten, zeigten Werte des für die Photosynthese wichtigen Pflanzenfarbstoffes Chlorophyll sowie Messungen der Biomassenveränderungen zunächst: Schon das fahle Dämmerlicht nach dem Ende der anhaltenden Polarnacht im März kann die Mikroalgen zur Substanzproduktion auf der Grundlage von Photosynthese bringen – und das, obwohl die Strahlung noch durch das schneebedeckte Eis dringen muss. Die Messungen der Lichtintensität verdeutlichten, dass dabei nur wenige Photonen die Mikroalgen erreichen. „Am Ende konnten wir sicher sein: Mehr Licht war da nicht“, sagt Co-Autor Dirk Notz von der Universität Hamburg.

Nahe am theoretischen Minimalwert

Konkret zeigte sich, dass für die photosynthetische Biomasseproduktion ein Wert ausreichte, der mindestens eine Größenordnung niedriger als frühere Schätzungen liegt. Damit nähert sich der Nachweis nun dem theoretischen Minimum für die Leistungsfähigkeit des Systems, sagen die Forschenden. „Es ist sehr beeindruckend zu sehen, wie effizient die Algen solch niedrige Lichtmengen nutzen können. Dies zeigt einmal mehr, wie gut Organismen an ihre Umwelt angepasst sind“, sagt Hoppe.

Wie das Team betont, hat die Entdeckung möglicherweise eine weitreichende Bedeutung. „Auch wenn unsere Ergebnisse spezifisch aus dem Arktischen Ozean stammen, zeigen sie, wozu die Photosynthese insgesamt in der Lage ist. Wenn sie unter den herausfordernden Bedingungen der Arktis so effizient ist, kann man davon ausgehen, dass sich Organismen auch in anderen Regionen der Meere so gut angepasst haben“, sagt Hoppe.

Damit wäre auch in tieferen Bereichen der Meere genügend Licht vorhanden, um durch Photosynthese nutzbare Energie und Sauerstoff zu produzieren, die dann für höhere Lebewesen wie Fische zur Verfügung stehen. „Die geringen Lichtanforderungen deuten darauf hin, dass sich die Zonen, in denen Photosynthese in den Weltmeeren stattfinden kann, möglicherweise weiter in die Tiefe und über einen längeren Zeitraum erstrecken als gedacht, was erhebliche Auswirkungen auf die Schätzungen der globalen Produktivität hat“, schreiben die Autoren.

Quelle: Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Fachartikel: Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-024-51636-8

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