Mikroskopischen Gefahrenstoffen auf der Spur: Der Ultrafeinstaub, der von Flughäfen in Siedlungsbereiche wirbelt, stammt zu einem erheblichen Teil aus Schmierölen der Flugzeugturbinen, zeigt eine Studie aus Deutschland. Um die Luftqualität zu verbessern, müssten neben den Emissionen durch die Treibstoffverbrennung somit auch die Belastungen durch diese Substanzen gezielt reduziert werden. Außerdem sollten nun die möglicherweise speziellen Wirkungen des Ultrafeinstaubs aus Schmierölen genauer untersucht werden, sagen die Forscher.
Sie sind kleiner als 100 Nanometer: Die winzigen Partikel des sogenannten Ultrafeinstaubs sind vor allem als Nebenprodukte bei Verbrennungsprozessen bekannt. So werden sie etwa bei der Verfeuerung von Biomasse freigesetzt und auch die Treibstoffverbrennung ist eine bekannte Quelle für den Ultrafeinstaub. Die geringe Größe macht diese Partikel dabei zu einem großen Gesundheitsproblem, geht aus Studien hervor: Sie können tief in die unteren Atemwege eindringen, dort die Blut-Luft-Schranke überwinden und je nach ihrer Zusammensetzung anschließend im Körper Schäden verursachen. In Geweben können sie beispielsweise Entzündungen hervorrufen und zudem stehen die Substanzen im Verdacht, an der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beteiligt zu sein. Das gesamte Ausmaß der möglichen Gesundheitsbelastungen lässt sich bisher nur schwer einschätzen.
Besonderer Flughafen-Ultrafeinstaub
Bereits seit einiger Zeit sind Wissenschaftler in Frankfurt am Main einer speziellen Quelle der Ultrafeinstaub-Belastung auf der Spur: Messungen des Hessischen Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie haben gezeigt, dass vom Frankfurter Flughafen aus erhebliche Mengen der Partikel in Siedlungsbereiche eingetragen werden. Es lag nahe, dass sie aus der Kerosinverbrennung der Flugzeuge stammen – doch das Wissenschaftlerteam der Goethe-Universität Frankfurt am Main wollte es genauer wissen. So unterzogen sie die eingefangenen Partikel aus dem Umfeld des Flughafens genaueren Analysen.
Wie die Wissenschaftler berichten, stießen sie bei der Charakterisierung des Ultrafeinstaubs auf eine Gruppe organischer Verbindungen mit speziellen chemischen Fingerabdrücken, die nicht zum Kerosin passten. Weitere Untersuchungen bestätigten dann: Ein erheblicher Anteil der Partikel im Ultrafeinstaub stammen aus synthetischen Turbinen-Schmierölen. Sie waren dabei besonders stark in den kleinsten Fraktionen vertreten, die 10 bis 18 Nanometer große Partikel umfassen.
Durch Laborexperimente konnten die Forscher dann auch aufzeigen, wie es zur Bildung der Partikel aus den Schmierölen kommt. Die Grundsubstanz kann ihnen zufolge über Entlüftungsöffnungen, in denen die nanometergroßen Schmieröltröpfchen und Öldämpfe nicht vollständig abgeschieden werden, in den Abgasstrom der Turbine gelangen. Was dann passiert, untersuchte das Team experimentell: Dazu wurde ein gängiges Turbinenschmieröl in einem heißen Gasstrom, der die Turbinenabgase simulierte, zunächst bei rund 300 Grad Celsius verdampft und dann abgekühlt. Anschließend konnten die Forscher die gebildeten Partikel erfassen und untersuchen.
Schmieröl-Emissionen im Visier
So zeigte sich: „Wenn das verdampfte Schmieröl abkühlt, sind die gasförmigen synthetischen Ester übersättigt und bilden die Kerne für neue Partikel, die rasch zu Partikeln von rund zehn Nanometer Größe anwachsen können“, sagt Seniorautor Alexander Vogel von der Goethe-Universität. „Diese Partikel, so legen es unsere Untersuchungen nahe, machen einen großen Teil des Ultrafeinstaubs aus, der an Flugzeugturbinen entsteht. Die bisherige Annahme, Ultrafeinstaub entstehe vorwiegend aus Schwefel- und aromatischen Verbindungen aus dem Kerosin, trifft offenbar nicht zu“, so der Atmosphärenchemiker.
Die Studienergebnisse haben damit eine erhebliche Bedeutung für die Entwicklung von Schutzmaßnahmen. Denn die Verwendung schwefelarmer Kerosine oder die Umstellung auf nachhaltig hergestellte Kraftstoffe können demnach nur einen Teil der Belastung reduzieren. Es sollte deshalb nun ausgelotet werden, wie sich der Beitrag durch die Schmieröle einschränken lässt. „Eine Reduzierung der Schmieröl-Emissionen birgt nach unserer Erkenntnis wichtiges Potenzial zur Minderung der ultrafeinen Partikel“, sagt Vogel. Außerdem zeichnet sich auf einer anderen Ebene Forschungsbedarf ab, schreiben die Wissenschaftler abschließend: „Die möglicherweise speziellen toxikologischen Eigenschaften von Schmieröl-Ultrafeinstaub sollten bewertet werden, um ihre gesundheitlichen Auswirkungen abschätzen zu können“, so das Forscherteam.
Quelle: Goethe-Universität Frankfurt am Main, Fachartikel: Communications Earth & Environment, doi: 10.1038/s43247-022-00653-w