Weniger Verkehr, mehr Homeoffice: Für das Klima bedeutete die Corona-Pandemie eine Verschnaufpause. Die globalen CO2-Emissionen haben sich 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 2,6 Gigatonnen (sieben Prozent) verringert – so viel wie nie zuvor. Forscher fordern nun nachhaltigere Klimaschutzmaßnahmen, denn um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten, sind jährliche Einsparungen von ein bis zwei Gigatonnen CO2 auch ohne Lockdown notwendig. Konjunkturpakete nach der Pandemie können dabei eine Chance bieten, falsch eingesetzt jedoch auch zu einem Rückfall zu hohen Emissionen führen, warnen die Forscher.
Um die Ausbreitung des Coronavirus Sars-CoV-2 einzudämmen, haben die meisten Länder der Welt umfangreiche Maßnahmen ergriffen, darunter massive Einschränkungen im Transportsektor. Auf das Klima hatte das einen positiven Einfluss: Die CO2-Emissionen sind 2020 stärker gesunken als je zuvor. Doch was geschieht nach der Pandemie? Bedeutet eine Erholung der Wirtschaft zwangläufig wieder höhere Emissionen?
Entwicklungen seit dem Pariser Klimaabkommen
Ein Team um Corinne Le Quéré von der University of East Anglia im britischen Norwich legt nun in einer Studie dar, wie sich die CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen seit dem Pariser Klimaabkommen 2015 entwickelt haben, welchen Einfluss Covid-19 hatte und wie die Pandemie eine Chance für eine klimafreundlichere Zukunft bieten könnte. „Die COVID-19-Pandemie kam, als die globalen CO2-Emissionen Anzeichen einer Verlangsamung zeigten. Die Post-COVID-Ära ist eine einmalige Gelegenheit, diese früheren Erfolge zu sichern und die Mittel zur Wiederherstellung zu nutzen, um den Wandel zu beschleunigen“, sagt Co-Autor Glen Peters vom Center for International Climate Research in Oslo.
Den Forschern zufolge haben sich die globalen CO2-Emissionen 2020 im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent verringert, von 36,6 Gigatonnen auf 34 Gigatonnen. „Ein Rückgang der globalen jährlichen Emissionen um 2,6 Gigatonnen CO2 wurde noch nie zuvor beobachtet“, heißt es in der Studie. „Weitgehende Einschränkungen im Transportsektor hatten den größten Einfluss auf die Emissionen.“
Leichte Reduktionen schon vor der Pandemie
Besonders deutlich war die Reduktion in den 36 Ländern mit dem höchsten Einkommen. Während diese Länder, zu denen auch Deutschland zählt, ihre Emissionen seit dem Pariser Klimaabkommen 2015 durchschnittlich nur um 0,8 Prozent pro Jahr reduziert hatten – insgesamt um 0,1 Gigatonnen pro Jahr – sank ihr CO2-Ausstoß im Jahr 2020 um ganze 1,2 Gigatonnen und war damit um neun Prozent geringer als 2019. Am stärksten fielen die Emissionen im April 2020 ab, als viele Länder den ersten großen Lockdown verhängten. In den Sommermonaten stieg der CO2-Ausstoß wieder an, blieb aber weiterhin deutlich unter dem Vorjahresniveau.
In Ländern mit mittlerem Einkommen, darunter beispielsweise China, führte Covid-19 zu einem durchschnittlichen Rückgang der Emissionen um fünf Prozent. In den Jahren vor der Pandemie war es 30 von 99 Ländern dieser Gruppe gelungen, ihre Emissionen zu reduzieren. Bei den anderen hatte sich zwischen 2016 und 2019 zumindest der Anstieg im Vergleich zum vorherigen Fünf-Jahreszeitraum verlangsamt. Die 79 Länder mit dem niedrigsten Einkommen wiesen dagegen zwischen 2016 und 2019 ein weiterhin ungebremstes Wachstum der Emissionen um durchschnittlich 0,18 Gigatonnen im Jahr auf. Allerdings trugen diese Länder 2019 zusammen nur 14 Prozent zum weltweiten CO2-Ausstoß bei – halb so viel wie China allein. Die Covid-19-Pandemie sorgte auch in diesen Ländern für deutlich reduzierte CO2-Emissionen.
Nachhaltiger Klimaschutz für die Zukunft
Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten, sind allerdings auch über die Pandemie hinaus deutliche Senkungen des CO2-Ausstoßes erforderlich, so die Forscher: „Während der gesamten 2020er Jahre und darüber hinaus sind Senkungen von ein bis zwei Gigatonnen CO2 pro Jahr erforderlich, um zu verhindern, dass die Erwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter die Grenze von 1,5 bis 2 Grad überschreitet.“ Die Reduktionen durch Covid-19 sind den Forschern zufolge nicht nachhaltig: „Die Emissionen waren im Jahr 2020 niedriger, weil die Infrastruktur für fossile Brennstoffe weniger genutzt wurde, nicht weil die Infrastruktur stillgelegt wurde“, sagt Peters. „Wenn die Infrastruktur für fossile Brennstoffe wieder in Betrieb genommen wird, besteht die Gefahr, dass die Emissionen im Jahr 2021 wieder stark ansteigen, wie es nach der globalen Finanzkrise 2009 der Fall war.”
Wichtig sei deshalb, die Konjunkturpakete nach der Pandemie so auszurichten, dass sie klimafreundliche Entwicklungen fördern statt gefährden. Die Forscher schlagen verstärkte Investitionen in grüne Technologien wie erneuerbare Energien und Elektromobilität vor. Fossile Energieträger sollten dagegen weniger unterstützt werden als zuvor. Einige Verhaltensweisen aus der Pandemie – etwa Videomeetings statt Geschäftsreisen und regionaler Tourismus statt Fernreisen – könnten zudem dabei helfen, die Emissionen aus dem Transportsektor niedrig zu halten. „Wir brauchen jetzt groß angelegte Maßnahmen, die gut für die menschliche Gesundheit und gut für den Planeten sind. Es ist in unser aller Interesse, den dringenden Übergang zu sauberer Energie zu beschleunigen“, sagt Le Quéré.
Quelle: Corinne Le Quéré (University of East Anglia, Norwich, UK) et al., Nature Climate Change, doi: 10.1038/s41558-021-01001-0