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Orakeln mit dem Kernspintomograph

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Orakeln mit dem Kernspintomograph
US-Forscher haben eine Möglichkeit gefunden, die Erfolgsaussichten eines Anti-Raucher-Programms schon im Vorfeld abzuschätzen: Die Aktivität in bestimmten Gehirnregionen in einem Test vor Beginn des Programms verrät, ob ein Raucher erfolgreich den Zigaretten entsagen kann. Die Wissenschaftler hatten dazu die Gehirnaktivität von 87 Freiwilligen untersucht, die an einem speziell auf sie zugeschnittenen Entwöhnungsprogramm teilnahmen. Dabei entdeckten sie ein bestimmtes Muster an Hirnaktivität, das mit der Erfolgsquote beim Aufhören assoziiert war: Je stärker sich bei einem Probanden Gehirnregionen aktivieren ließen, die als entscheidend für die Selbstreflexion gelten, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass er nach vier Monaten tatsächlich das Rauchen aufgegeben hatte.

Entwöhnungsprogramme für Raucher gibt es jede Menge – welche jedoch tatsächlich erfolgversprechend sind, ist unklar. Als vergleichsweise gut haben sich bisher vor allem solche Programme erwiesen, die individuell auf den jeweiligen Raucher zugeschnitten sind: Sie beziehen seine besonderen Lebensumstände, Bedürfnisse und Interessen ebenso mit ein wie persönliche Probleme und Charakterzüge. Individuell ausgerichtete Botschaften sollen dabei zur Selbstreflexion anregen und dafür sorgen, dass der Betroffene sich selbst in den Fokus nimmt.

Die Wissenschaftler wollten nun wissen, ob diese Annahmen stimmen – und ob dieser Ansatz tatsächlich eine höhere Erfolgsquote hat. Ihre These: Wenn die individuellen Botschaften dafür sorgen, dass die Raucher sich auf sich selbst konzentrieren, dann müssten durch die Programme auch die entsprechenden, für die Selbstreflexion verantwortlichen Regionen im Gehirn aktiv werden. Aus vorangegangenen Studien gab es bereits Hinweise darauf, wo diese Regionen liegen: im sogenannten präfrontalen Cortex hinter der Stirn, im Precuneus, ebenfalls im Frontallappen, und im Zentrum des Großhirns, im Bereich des Gyrus cinguli, der zum Gefühlszentrum gehört. Auf diese Hirnareale konzentrierten sich die Wissenschaftler auf Aufnahmen, die sie mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie von den Gehirnen der Probanden machten. Dabei werden Veränderungen der Durchblutung im Gehirn sichtbar, die Rückschlüsse auf die Gehirnaktivität erlauben.

Die Probanden füllten in einer ersten Sitzung einen Fragebogen zu ihrer Gesundheit, Persönlichkeit und ihren Charaktereigenschaften in Bezug auf ihr Rauchverhalten aus. In einer zweiten Sitzung wurden sie mit dem Magnetresonanztomographen untersucht, während sie zwei Aufgabenblöcke gestellt bekamen: einen zur Selbsteinschätzung und einen, bei dem sie verschiedene Appelle anhörten, mit dem Rauchen aufzuhören. Dabei handelte es sich sowohl um allgemeine Botschaften als auch um individuell zugeschnittene Aussagen. Nach diesen Untersuchungen nahmen die Probanden an einem webbasierten individuellen Programm zur Raucherentwöhnung teil. Vier Monate später überprüften die Wissenschaftler, wer erfolgreich aufgehört hatte.

Die Auswertung zeigte zweierlei: Zum einen waren bei den individuell zugeschnittenen Botschaften tatsächlich eher die Gehirnbereiche aktiv geworden, die auch für die Selbsteinschätzung genutzt werden. Zum anderen reagierten jedoch nicht alle Probanden gleich stark auf die Botschaften: Bei einigen war das Aktivitätsmuster nur schwach ausgeprägt, bei anderen leuchtete es auf den Aufnahmen dagegen sehr deutlich auf. Genau diese Probanden sprachen besonders gut auf das folgende Programm an, das ebenfalls auf eine Verstärkung der Selbstreflexion zielte, berichten die Forscher: Bei ihnen war die Wahrscheinlichkeit, auch nach vier Monaten noch abstinent zu sein, sehr viel größer als bei den anderen Teilnehmern. Die Wissenschaftler hoffen nun, dass ihr Verfahren dazu beiträgt, die Vorgänge im Gehirn besser zu verstehen und damit noch erfolgreichere Programme zur Raucherentwöhnung zu entwickeln.

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Hannah Faye Chua (University of Michigan, Ann Arbor) et al: Nature Neuroscience, doi:10.1038/nn.2761 dapd/wissenschaft.de – Anke Biester
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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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