Das Hochgefühl beim Wahrnehmen von Weihrauchduft geht nicht nur auf seine symbolische Bedeutung, sondern auch auf eine direkte Wirkung im Gehirn zurück: Zumindest ein Inhaltsstoff des Harzes, das häufig in religiösen Zeremonien verbrannt wird, entspannt und lindert Depressionen. Das haben israelische und amerikanische Forscher jetzt in Tests mit Mäusen gezeigt. Verantwortlich dafür scheint ein sogenannter Ionenkanal mit bisher unbekannter Funktion zu sein, der in der Haut und im Gehirn vorkommt. Die Entdeckung könnte nicht nur erklären, warum Weihrauch seit Jahrtausenden so beliebt ist, sondern eröffnet auch neue Möglichkeiten zur Behandlung von Depressionen und Angststörungen, schreibt das Team um Arieh Moussaieff von der Hebräischen Universität in Jerusalem.
Schon im Alten Ägypten waren Harze von Bäumen der Gattung Boswellia für religiöse und rituelle Zeremonien sehr beliebt ? entweder direkt als Duftstoffe oder als wesentliche Komponenten einer Duftmischung. In Ägypten signalisierte der Rauch der brennenden Harze dabei zum Beispiel die Anwesenheit einer Gottheit, in Judäa war das Verbrennen eine zentrale Zeremonie im Tempel und im antiken Griechenland diente der Rauch als Opfergabe. Im Christentum wird das Harz etwa seit dem vierten oder fünften Jahrhundert in Gottesdiensten verwendet, wobei es heute vor allem in der katholischen Kirche als Zeichen der Verehrung, des Segens oder als Sinnbild für Opfer und die aufsteigenden Gebete eingesetzt wird.
Auch Berichte über eine psychoaktive Wirkung des Weihrauchs gibt es seit langem, vor allem über einen beruhigenden, entspannenden Effekt. Direkt nachweisen oder gar erklären konnten Forscher diese Wirkung bislang jedoch nicht. Moussaieff und sein Team spritzten daher ihren Mäusen Incensolacetat, einen der aktivsten Inhaltsstoffe des Weihrauchs, in die Bauchhöhle und beobachteten anschließend ihr Verhalten. Das Ergebnis: Die Tiere zeigten messbar weniger Angst und waren deutlich entspannter als ihre unbehandelten Artgenossen. Zurück ging dieser Effekt auf eine Aktivierung von Gehirnregionen, die für die Verarbeitung und Bewertung von Emotionen zuständig sind, zeigten weitere Tests. Ausgelöst wurde diese Aktivität dabei durch das Andocken des Wirkstoffs an eine Gruppe von Ionenkanälen, deren Funktion im Gehirn bisher nicht bekannt war und die in der Haut Wärmegefühle vermitteln.
Zusammengenommen zeigten die Daten, dass Weihrauch tatsächlich einen Einfluss auf die Stimmung hat, resümieren die Forscher. Das und die Wärmeempfindung, die der Wirkstoff parallel auslöst, verstärkten möglicherweise das Hochgefühl während religiöser Zeremonien und erklärten damit die fortdauernde Beliebtheit der Harze. Zudem sei die zentrale Rolle der Ionenkanäle interessant, weil diese Moleküle bisher nicht als Ziel einer möglichen antidepressiven Behandlung betrachtet worden seien. Um allerdings sicher zu sein, dass Weihrauch auch beim Menschen diese Wirkung hat, seien klinische Tests dringend erforderlich.
Arieh Moussaieff (Hebräischen Universität, Jerusalem) et al.: FASEB Journal, DOI: 10.1096/fj.07-101865 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel