Das Ozonloch erholt sich nur langsam. Dies liegt auch daran, dass in den vergangenen Jahren wieder vermehrt FCKW-Treibgas in die Atmosphäre gelangt ist – trotz eines internationalen Verbots. Forscher haben nun die Hauptquelle dieser neuen Emissionen ausgemacht: China. Messungen zeigen, dass im Osten des Landes große Mengen von verbotenem Trichlorfluormethan freigesetzt werden. Erklären lässt sich dieser Anstieg nur dadurch, dass das schädliche Treibgas dort wieder produziert und genutzt wird.
Fluorchlorkohlenwasserstoffe – besser bekannt als FCKWs – wurden jahrzehntelang in enormen Mengen als Kältemittel und Treibgas eingesetzt. Doch dank der Verabschiedung des Montreal-Protokolls von 1987 sind die als “Ozonkiller” entlarvten Substanzen inzwischen weitgehend verboten. Denn Untersuchungen haben gezeigt: Diese halogenhaltigen Verbindungen lösen in der Ozonschicht eine zerstörerische Kettenreaktion aus, sie sind die Hauptverantwortlichen für das Loch in unserem irdischen Schutzschild. Seit dem Verbot ist die Konzentration schädlicher Stoffe wie Trichlorfluormethan (CFC-11) in der Atmosphäre kontinuierlich zurückgegangen. Doch im vergangenen Jahr stellten Forscher plötzlich fest, dass diese Entwicklung seit 2012 abgebremst wurde. Irgendwo auf der Welt schien wieder verbotenes Trichlorfluormethan in die Luft zu gelangen. Wer diese neuen FCKW-Emissionen verursacht, blieb zunächst unklar. Es gab jedoch einen Hinweis: Die Quelle könnte in Ostasien liegen.
Ostchina als Hauptverursacher
Was an dieser Vermutung dran ist, haben nun Matt Rigby von der University of Bristol und seine Kollegen überprüft. Dafür werteten sie Daten von globalen Messnetzen aus, die die Konzentrationen von FCKWs und ihren Abbauprodukten in der Atmosphäre ständig überwachen. Außerdem schauten sie sich gezielt Messungen von lokalen Stationen in Südkorea und Japan an – also von Orten, die im Bereich der verdächtigen Region liegen. Mithilfe dieser Informationen sowie Modellsimulationen zum Transport von Luft und Chemikalien in der Atmosphäre konnten die Wissenschaftler den Ursprung der verbotenen Substanzen schließlich ausmachen.
Die Ergebnisse rücken China in den Fokus. So sind die CFC-11-Emissionen aus dem Osten des Landes in den vergangenen Jahren drastisch angestiegen, wie die Analysen offenbarten. Sie waren zwischen 2014 und 2017 demnach rund 7000 Tonnen höher pro Jahr als noch im Zeitraum von 2008 bis 2012. Das Frappierende: Damit sind diese Emissionen für mindestens 40 bis 60 Prozent des seit 2013 beobachteten globalen Anstiegs von Trichlorfluormethan in der Atmosphäre verantwortlich. Der Großteil dieses schädlichen Stoffes wird den Forschern zufolge offenbar in den nordöstlichen Provinzen Shandong und Hebei freigesetzt. “Hinweise auf einen signifikanten Anstieg der CFC-11-Emissionen in anderen ostasiatischen Ländern wie Japan haben wir dagegen nicht gefunden”, erklärt Rigbys Kollege Luke Western.
“Verursacher finden”
Wie das Forscherteam berechnete, lassen sich die hohen FCKW-Emissionen aus China eigentlich nur mit einem eklatanten Verstoß gegen das Montreal-Protokoll erklären. Denn die gemessenen Werte sind viel zu hoch, als dass sie ausschließlich aus zum Beispiel Isolierschäumen in Gebäuden oder alten Kühlschränken entweichen könnten. “Die wahrscheinlichste Erklärung ist, dass das Trichlorfluormethan in China wieder in der Produktion eingesetzt wird oder wurde. Unsere Daten legen das bis Ende 2017 nahe, den Zeitraum danach haben wir nicht untersucht”, sagt Rigby. “Nun muss geklärt werden, welche Industrien für die neuen Emissionen verantwortlich sind.”
Doch ist China wirklich das einzige “Schwarze Schaf” in diesem Zusammenhang? “Unsere Messungen decken den östlichen Teil Chinas, Westjapan sowie die koreanische Halbinsel ab. Außerdem stehen uns Daten aus Nordamerika, Europa und Südaustralien zur Verfügung. Daneben gibt es jedoch große Bereiche auf der Welt, für die uns nur wenige Informationen über die Emissionen ozonschädigender Substanzen zur Verfügung stehen”, schließt Sunyoung Park von der Kyungpook National University in Südkorea.
Quelle: Matt Rigby (University of Bristol) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-019-1193-4