Bei vielen Singvögeln sind die Frühlingsgefühle besonders stark: Wenn sie einen Artgenossen singen hören, produzieren sie verstärkt Geschlechtshormone. Wie jedoch genau das akustische Signal in die Hormonantwort umgewandelt wird, ist bisher noch unklar. Amerikanische Wissenschaftler fanden jetzt ein wichtiges Schlüsselelement: Ein bislang unbekanntes Hormon könnte das fehlende Glied in der Kette sein. Das berichten die Forscher im Fachmagazin “Brain, Behavior and Evolution” (Dezember/Januar-Ausgabe).
Bei Vögeln sind zwei Sorten so genannter Gonadotropin freisetzender Hormone bekannt. Sie werden im Hypothalamus, einer bestimmten Gehirnregion, gebildet und regen nach ihrer Freisetzung die Hirnanhangdrüse oder Hypophyse an. Diese wiederum schüttet dann andere Hormone aus, die typische körperliche Veränderungen wie das Wachsen der Eierstöcke bewirken. Dieselben Veränderungen können jedoch auch durch den Gesang eines potenziellen Paarungspartners ausgelöst werden, wobei der Mechanismus dieses Phänomens noch nicht bekannt ist.
George Bentley und seine Kollegen von der University of Wisconsin in Madison sind der Aufklärung jetzt einen großen Schritt näher gekommen: Sie entdeckten eine dritte Art des Gonadotropin freisetzenden Hormons im Gehirn der Vögel. Das Besondere: Das neue Hormon befindet sich nicht nur im Hypothalamus, sondern auch in Gehirnregionen, die akustische Signale wahrnehmen und verarbeiten. Die Forscher vermuten, dass es von dort direkt in die Blutbahn freigesetzt werden kann, ohne den Umweg über Hypothalamus und Hypophyse machen zu müssen.
Dies sei das erste Mal, dass ein solches Hormon in diesen Gehirnbereichen höherer Wirbeltiere gefunden worden sei, berichtet Studienleiter Bentley. Da jedoch auch von anderen Tieren bekannt sei, dass ihr Hormonhaushalt auf Umweltreize reagieren könne, eröffne die Entdeckung neue Perspektiven für die Erforschung solcher Effekte.
ddp/bdw ? Ilka Lehnen-Beyel