Angesichts weltweit zunehmender Waldbrände und Buschfeuer sind neue Maßnahmen zur Feuervermeidung und -eindämmung gefragt. Dabei könnten vierbeinige Helfer einen großen Beitrag, leisten, wie nun eine Studie belegt. Denn wenn Schafe, Ziegen und andere Pflanzenfresser in den Wäldern weiden, verringern sie den Unterwuchs und reduzieren so das brennbare Material im Wald.
Ob in Australien, Sibirien, Nordamerika oder dem Mittelmeerraum: Durch die Klimaerwärmung und die veränderten Niederschlagsmuster nehmen Wald- und Buschbrände weltweit zu. Dabei erhöht sich nicht nur die Häufigkeit und Dauer solcher Feuer, auch ihre Intensität steigt. Einer der Gründe dafür ist die Veränderung der Waldstruktur: Dichtes Unterholz und Buschwerk nimmt zu, dadurch findet das Feuer mehr Nahrung. In anderen Regionen liefert die Landflucht den Waldbränden neue Nahrung: Weil die Nutzung von Feldern aufgegeben wird, erobern sich Busch und Wald die Flächen zurück.
Waldbeweidung mit doppeltem Nutzen
Diese Prozesse führen dazu, dass das Risiko für Waldbrände vielerorts steigt und dass Feuer intensiver werden. Was aber lässt sich dagegen tun? Bisher versucht die Forstwirtschaft dem vor allem durch mechanische Entfernung der Vegetation und das Anlegen von Feuerschneisen zu entgegnen. Das aber ist langwierig, aufwendig und kostenintensiv. Eine einfachere Lösung könnte es sein, eine seit Jahrtausenden altbewährte Praxis wiederaufzugreifen: die Waldbeweidung. Früher war es in vielen Kulturen üblich, Nutztiere wie Schweine, Ziegen, Schafe oder auch Rinder in Waldgebiete zu treiben, um sie dort fressen zu lassen.
Das Praktische daran: Die Waldbeweidung macht nicht nur die Tiere satt – es verringert auch auf natürlich Weise den Unterwuchs und damit den Brennstoff für Feuer. Wie gut eine solche Beweidung tatsächlich gegen Waldbrände hilft und welche Tiere dafür am besten geeignet sind, haben nun Julia Rouet-Leduc vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) in Leipzig und ihre Kollegen untersucht. Dazu werteten sie bestehende Studien aus, die Zusammenhänge zwischen Pflanzenfressern, Vegetationsstruktur, Brandrisiko, Brandhäufigkeit und Brandschäden untersuchten.
Ziegen besser als Kühe
Die Auswertungen ergaben: Die Beweidung von Wäldern durch große Pflanzenfresser kann tatsächlich sowohl die Häufigkeit als auch die Intensität von Waldbränden verringern. Ein Effekt zeigt sich auch dann, wenn nur Teile des Waldes beweidet werden: „Extensive Formen der Beweidung werden nicht zu einer homogenen, niedrigen Vegetation führen. Aber schon allein beweidete Flächen können bereits ausreichen, eine unkontrollierte Ausbreitung von Bränden zu verhindern, da sie als natürliche Brandschneisen fungieren”, erklärt Miterstautor Fons van der Plas von der Universität Wageningen. “Bei Bedarf kann eine kurzfristige intensive Beweidung, auch gezielte Beweidung genannt, auch mit anderen Maßnahmen wie der mechanischen Rodung kombiniert werden, um das Brandrisiko weiter zu verringern.”
Ob eine Waldbeweidung hilft, ist aber auch von der Art der eingesetzten Tiere abhängig. So ergaben die Studien, dass reine Grasfresser wie Kühe weniger effektiv sind als beispielsweise Ziegen oder Schafe, die auch härteres Material wie Büsche fressen. „Diese Aufgabe können nicht nur Haustiere übernehmen, sondern auch wiederangesiedelte wilde und halbwilde Pflanzenfresser“, sagt Rouet-Leduc. „Sie können das Risiko von Waldbränden wirksam verringern, insbesondere in abgelegenen und schwer zugänglichen Gebieten.” Zudem sei die Waldbeweidung gut mit dem Naturschutz zu vereinbaren.
Nach Ansicht des Forschungsteams sollte die Waldbeweidung als ein Mittel der Brandbekämpfung stärker gefördert und finanziell unterstützt werden – auch in Europa. “Tiere die Arbeit machen zu lassen, ist eine außerordentlich kosteneffiziente Art der Landbewirtschaftung, bei der gleichzeitig fehlende Ökosystemfunktionen wiederhergestellt werden und die der lokalen Bevölkerung zugutekommen kann”, sagt Co-Autor Guy Pe‘er vom iDiv. „Gleichzeitig müssen wir akzeptieren, dass Brände natürliche Prozesse sind, die für viele Ökosysteme wichtig sind, und wir müssen lernen, bis zu einem gewissen Grad mit ihnen zu leben“, ergänzt Rouet-Leduc.
Quelle: Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig; Fachartikel: Journal of Applied Ecology, doi: 10.1111/1365-2664.13972