Bei Flut brechen bestimmte Störungszonen in der Erdkruste häufiger als zu anderen Zeiten. Das wiesen Elizabeth Cochran von der University of California in Los Angeles und Kollegen durch die Analyse von 2027 flachen Erdbeben nach.
Die Gezeiten können auf zwei Arten auf eine Störungszone wirken: Zum einen zerren die Anziehungskräfte von Mond und Sonne direkt an der Kruste, zum anderen wirken sich Ebbe und Flut in den Meeren auf die darunter liegende Kruste aus. Cochran und ihre Kollegen untersuchten nur Erdbeben an so genannten Aufschiebungen. Das sind Störungen, bei denen sich eine Krustenplatte entlang einer seitlich abfallenden Störungsfläche nach oben verschiebt. Aufschiebungen sind typisch für so genannte Subduktionszonen, wo eine ozeanische Platte unter einen Kontinent abtaucht. Sie verlaufen in der Regel parallel zur Küste. Bei solchen Störungen ist der stärkste Einfluss von Ebbe und Flut zu erwarten.
Im Journal Science (Online-Ausgabe vom 21. Oktober) berichten die Forscher, dass vor allem Beben in den obersten 15 Kilometern der Kruste verstärkt bei Flut auftreten. Wie sie schreiben, treten die Beben dann dreimal so häufig auf wie im Durchschnitt. Die Spannung, die erforderlich ist, um ein Erdbeben auszulösen, sei ähnlich hoch wie bei Nachbeben von größeren Erdbeben.
Ute Kehse