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Mehr Malaria nach Amphibiensterben

Erde|Umwelt

Mehr Malaria nach Amphibiensterben
Harlekinfrosch
Der Chiriqui-Harlekinfrosch (Atelopus chiriquiensis) ist durch dem Amphibienpilz inzwischen aus Costa Rica und Panama weitgehend verschwunden. © Marcos Guerra/ Smithsonian Tropical Research Institute

Sterben die Amphibien, könnte dies direkte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben: Eine Studie zeigt Zusammenhänge zwischen massiven Rückgängen der Amphibienpopulationen in Mittelamerika und einem sprunghaften Anstieg der Malariafälle in der Region. Grund dafür ist aus Sicht der Forscher, dass Frösche, Salamander und Co. normalerweise die Populationen der Moskitos, die Malaria übertragen, in Schach halten. Durch das massenhafte Sterben dieser Amphibien konnten sich die Stechmücken offenbar wieder stärker ausbreiten.

Von Anfang der 1980er bis Mitte der 1990er Jahre breitete sich in Costa Rica der Chytridpilz (Batrachochytrium dendrobatidis, Bd) aus, der Frösche, Salamander und weitere Amphibien befiel und viele von ihnen tötete. In den 2000er Jahren gelangte der Pilz nach Panama und verursachte auch dort den Zusammenbruch ganzer Populationen. Weltweit hat dieser Erreger bereits zum Aussterben von mindestens 90 Amphibienarten und zum Rückgang von mindestens 500 weiteren Spezies geführt. Obwohl der Chytridpilz den größten Verlust an Biodiversität verursachte, der jemals für einen Krankheitserreger verzeichnet wurde, erhielt dieses schleichende Massensterben der Amphibien in der Öffentlichkeit nur wenig Aufmerksamkeit.

Amphibiensterben beeinflusst menschliche Gesundheit

Eine neue Studie zeigt nun jedoch, dass das Amphibiensterben in Mittelamerika direkte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit gehabt haben könnte: „Wir haben ökologische Erhebungen, Satellitendaten und Aufzeichnungen des öffentlichen Gesundheitswesens kombiniert und anhand dieser Daten einen Zusammenhang zwischen dem Bd-bedingten Zusammenbruch von Amphibienpopulationen und einem Anstieg der Malariafälle beim Menschen festgestellt“, berichtet ein Forschungsteam um Michael Springborn von der University of California in Davis.

Da sich der Pilz nach und nach in Costa Rica und Panama ausbreitete, konnten die Forscher jeweils für einzelne Bezirke feststellen, wann dort die Amphibienpopulationen zusammenbrachen. „Für jeden Bezirk konnten wir sehen, dass kurz nach dem Bd-bedingten Amphibienrückgang die Malariafälle für mehrere Jahre signifikant erhöht waren“, so die Forscher. Ihren Analysen zufolge erkrankte auf dem Höhepunkt des Anstiegs jährlich bis zu eine Person pro 1.000 Einwohner zusätzlich an Malaria, die bei intakter Amphibienpopulation nicht erkrankt wäre. „Dies ist ein erheblicher Anstieg, wenn man bedenkt, dass die Zahl der Fälle pro 1000 Einwohner im Zeitraum unserer Studie landesweit bei etwa 1,5 für Costa Rica und 1,1 für Panama lag“, ordnen die Forscher ein.

Weniger Frösche, mehr Moskitos

Grund für den Anstieg ist aus Sicht der Forscher, dass der Rückgang der Amphibien zu einer erhöhten Anzahl an Moskitos geführt hat, die Malaria übertragen. Obwohl Daten über die tatsächliche Anzahl der Moskitos in den entsprechenden Jahren fehlen, ist bekannt, dass viele Frösche, Salamander und andere Amphibien jeden Tag Hunderte von Moskitoeiern fressen. Somit ist plausibel, dass ein massiver Rückgang der natürlichen Fressfeinde zu größeren Moskitopopulationen und damit zu einer verstärkten Malariaübertragung geführt hat.

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Zur Kontrolle versuchten die Forscher auch, Zusammenhänge zu weiteren Faktoren wie Temperatur, Niederschlag und Baumdichte herzustellen. Keiner dieser Faktoren zeigte jedoch so starke zeitliche und räumliche Zusammenhänge zu den Malariaausbrüchen wie das Amphibiensterben. Obwohl Springborn und seine Kollegen nicht ausschließen können, dass andere, bislang unbekannte Einflussfaktoren zu den Ausbrüchen beigetragen haben, halten sie den Rückgang der Amphibien für die wahrscheinlichste Erklärung.

Bedrohung auch durch Tierhandel

Angesichts ihrer Ergebnisse rufen die Forscher dazu auf, zukünftig noch stärker als bisher auf den Schutz von Wildtierpopulationen zu achten. „Stabile Ökosysteme sind wichtig für alle möglichen Aspekte des menschlichen Wohlbefindens, einschließlich der Regulierung von Prozessen, die für die Krankheitsvorbeugung und Gesundheit wichtig sind“, so Springborn. „Wenn wir massive Störungen des Ökosystems zulassen, kann sich dies erheblich auf die menschliche Gesundheit auswirken, und zwar auf eine Art und Weise, die im Voraus nur schwer vorhersehbar ist und sich nur schwer kontrollieren lässt, wenn sie einmal eingetreten ist.“

Eine wichtige Schutzmaßnahme seien zum Beispiel neue Handelsbestimmungen, die den internationalen Wildtierhandel stärker kontrollieren und so die Ausbreitung von Krankheiten begrenzen. Aktuell drohe etwa ein weiterer Pilzerreger namens Batrachochytrieum salamandrivorans, kurz Bsal, über die globalen Handelsmärkte in Ökosysteme einzudringen. Er ist der nächste Verwandte des Chytridpilzes. „Die Kosten für die Einführung solcher Schutzmaßnahmen sind unmittelbar und offensichtlich, während der langfristige Nutzen schwieriger abzuschätzen ist“, sagt Springborn. „Doch wie unsere Studie zeigt, kann der Nutzen enorm sein, wenn es darum geht, Störungen des Ökosystems zu vermeiden.“

Quelle: Michael Springborn (University of California, Davis, USA) et al., Environmental Research Letters, doi: 10.1088/1748-9326/ac8e1d

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