Die weibliche Libido ist nicht an den Spiegel der männlichen Geschlechtshormone gekoppelt wie bisher vermutet. Weder Testosteron noch die anderen Hormone aus der Gruppe der so genannten Androgene hängen direkt mit dem sexuellen Befinden der Frauen zusammen, haben australische Forscher gezeigt. Ein Testosteronmangel erlaube daher keineswegs einen Rückschluss auf mangelnde weibliche Libido.
Viele psychosoziale und gesundheitliche Faktoren können eine Sexualstörung verursachen. Weithin gilt jedoch gerade ein niedriger Spiegel an
Testosteron und anderer
Androgene als wichtiges Anzeichen für eine verminderte Libido und einige andere Symptome ? ein Zusammenhang, den die Forscher in ihrer Studie nicht bestätigen konnten: Sie interviewten dazu 1.021 Frauen im Alter zwischen 18 und 75 Jahren und erstellten deren Sexualprofil. Dieses Profil setzt sich zusammen aus den Faktoren Lust, Erregung, Erregbarkeit, Orgasmus, Spaß, sexuelle Bedenken und Selbstbild. Den Frauen wurde Blut abgenommen und auf drei Androgene untersucht: Testosteron, Androstendion und
DHEAS.
Der Androgenspiegel war unabhängig von der sexuellen Vitalität der Frauen, ergab die Auswertung. Keiner der einzelnen Faktoren des Sexualverhaltens ging generell mit einem niedrigen Androgenspiegel einher. Der Spiegel des Hormons DHEAS war zwar bei über 44 Jahre alten Frauen mit Sexualstörungen besonders niedrig, umgekehrt galt dies jedoch nicht: Die meisten Frauen mit einem derart niedrigen DHEAS-Spiegel waren sexuell zufrieden.
Der Testosteronspiegel sollte daher nicht zur Diagnose der so genannten weiblichen Androgeninsuffizienz herangezogen werden, betonen die Wissenschaftler. Dieser Symptomkomplex setzt sich aus eingeschränktem Wohlbefinden, Müdigkeit, schlechter Laune und verminderter Libido zusammen und wird durch Testosteronmessung im Blutserum diagnostiziert.
Susan Davis (Monash-Universität, Victoria) et al.: JAMA, 6. Juli 2005, Bd. 294/1
ddp/wissenschaft.de ? Mareile Müller-Merbach