Leoparden gehören zu den Top-Prädatoren der afrikanischen Savanne. Doch was genau fressen sie? Das haben nun Biologen mithilfe von Isotopenanalysen der Leoparden-Schnurrhaare geklärt. Das überraschende Ergebnis: Der Speiseplan von Herr und Frau Leopard ist nicht gleich. Während männliche Leoparden wählerischer sind und nur bestimmte Arten von Beutetieren jagen, ist das Beutespektrum der Weibchen deutlich vielfältiger. Sie verschmähen selbst kleinere Tiere wie Hasen nicht.
Leoparden sind sehr scheu und meiden den Menschen – entsprechend schwierig ist ihre Beobachtung. Zwar haben Biologen schon häufiger einen Leopard beim Fressen beobachtet, doch wie das Beutespektrum dieser Raubkatzen insgesamt aussieht und wie vielseitig ihre Ernährung ist, war bisher unklar. Christian Voigt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin und seine Kollegen haben daher nun eine indirekte Methode gewählt, um den Speiseplan der Leoparden in Zentral-Namibia aufzudecken.
Schnurrhaare als Beuteanzeiger
Für ihre Studie nahmen die Forscher 36 Leoparden – die Hälfte Männchen, die Hälfte Weibchen – Schnurrhaarproben ab, als diese ohnehin im Rahmen von Gesundheitstests betäubt und untersucht wurden. Diese Haare brachten sie dann ins Labor und analysierten jeweils die Isotopengehalte von Kohlenstoff und Stickstoff. Das Prinzip dahinter: Je nach Körpergewebe, aber auch Haare eines Organismus lagern sich diese Elemente im Rahmen ihres Wachstums ein. Dadurch konservieren sie das Isotopenverhältnis, das der Organismus zuvor mit Wasser und Nahrung aufgenommen hat.
Im Falle der Leoparden bedeutet dies: Die Schnurrhaare wachsen pro Tag um etwa 0,65 Millimeter. Ein acht bis zehn Zentimeter langes Schnurrhaar gibt den Wissenschaftlern damit Auskunft über rund
150 Tage der “Fresshistorie” der einzelnen Tiere. Für ihre Analyse schnitten die Forscher die Haarproben in fünf Millimeter lange Stücke, die sie einzeln analysierten, so konnten sie den Speiseplan der Großkatzen bis auf Achttages-Intervalle aufschlüsseln. Zwar verrät das Verhältnis der beiden Stickstoff-Isotope 14N und 15N sowie der Kohlenstoff-Isotope 12C und 13C nicht jede einzelnen Beutetierart, wohl aber, aus welcher Tiergruppe die gefressene Beute stammte.
Männchen sind wählerischer
Das Ergebnis: Auf dem Speiseplan von Leoparden stehen wie erwartet kleinere und mittelgroße Säugetiere, darunter Schwarzfersenantilopen, Spießböcke, Kudus und Warzenschweine. Aber auch bei vergleichsweise kleinen “Häppchen” wie Hasen greifen die Großkatzen zu. Allerdings: Beim Beutespektrum gab es auffallende Unterschiede zwischen den Geschlechtern: “Die Weibchen nutzten eine deutlich größere Isotopen-Nahrungsnische als die Männchen”, erklärt Voigt. Während die Männchen sich auf wenige Beutearten spezialisiert haben, sind die Weibchen weniger wählerisch. Sie jagen und fressen beispielsweise häufiger auch kleine, weniger lohnende Tiere.
Einer der Gründe: Die Leopardenweibchen sind während der Aufzucht ihrer Jungen lokal stärker gebunden. “Sie können sich nicht auf bestimmte Beutetierarten spezialisieren, weil diese im näheren Umkreis mit der Zeit ausdünnen und irgendwann fehlen”, sagt Voigts Kollege Jörg Melzheimer. Den Männchen stehen hingegen während der gesamten Zeit große Streifgebiete zur Verfügung. Sie können deshalb nach Belieben auswählen und sich auf eine relativ kleine Zahl von Beutetierarten spezialisieren.
Zusätzlich könnte der ausgeprägte Größenunterschied zwischen den Geschlechtern eine Rolle spielen: Leopardenweibchen sind mit im Schnitt 34 Kilogramm wesentlich kleiner und leichter als ihre durchschnittlich 58 Kilogramm schweren männlichen Artgenossen. Dadurch verbrauchen die Weibchen weniger Energie und kommen notfalls auch mit kleinerer Beute aus. Die Rolle der Körpergröße wird durch ein ähnliches Projekt bei Geparden untermauert: Bei diesen Raubkatzen sind beide Geschlechter gleichgroß – und das wirkt sich auch auf ihr Beutespektrum aus: “Bei den Geparden gibt es keinen Geschlechtsunterschied im Speiseplan”, berichtet Voigt.
Quelle: Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW), Fachartikel: Journal of Zoology, doi: 10.1111/jzo.12566