Für Termiten zählt bei der Futtersuche nicht nur Geschmack und Bekömmlichkeit, sondern auch der Klang eines Leckerbissens: Nur wenn ein Holzstück beim Annagen den richtigen Ton von sich gibt, ziehen es die wählerischen Insekten als Nahrung und Unterkunft in Betracht. Das haben australische Forscher bei Versuchen mit australischen Trockenholztermiten entdeckt. Offenbar verrät der Klang den Tieren, wie groß das vor ihnen liegende Holzstück ist, berichtet das Team um Theodore Evans von der australischen Forschungsorganisation CSIRO in Canberra in der Fachzeitschrift PNAS (Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1073/pnas.0408649102).
Termiten haben den Ruf, gierig und unersättlich zu sein. Dabei sind sie eigentlich sehr wählerisch: Geschmack und Härte des Futterholzes müssen stimmen, und es darf keine pflanzlichen Abwehrstoffe enthalten. Außerdem spielt die Größe des Holzstücks eine wesentliche Rolle bei der Auswahl. So bevorzugen einige Termitenarten kleine Aststückchen oder dünne Zweige, während andere eher auf große Äste oder sogar umgeknickte Bäume stehen. Wie die blinden Insekten jedoch die Größe des vor ihnen liegenden Holzstücks bestimmen, war Forschern bislang ein Rätsel. Die Tiere rennen weder um die Hölzer herum, um auf diese Weise die Größe abzuschätzen, noch können sie die Ausdehnung des Holzes sehen.
Was die Insekten jedoch gut können, ist hören: Sie nehmen akustische Vibrationen nicht nur mit ihren Antennen wahr, sondern auch über spezielle Organe an ihren Füßen. Daher vermuteten Evans und seine Kollegen, dass sie auch die Größenabschätzung mithilfe hörbarer Schwingungen durchführen. Um das zu überprüfen, ließen sie einige Termiten im Labor verschieden große Kiefernholzstücke anfressen und zeichneten die lauten Kaugeräusche auf. Tatsächlich entstand beim Anknabbern eines großen Holzstücks ein deutlich höherer Ton als bei einem kleineren, ergab die Auswertung.
Diese unterschiedlichen Töne dienten den Insekten tatsächlich zur Orientierung: Unter normalen Bedingungen bevorzugten sie eindeutig die kleineren Holzstücke. Wurden diese aber mit einer Frequenz zum Schwingen gebracht, die sonst bei den größeren Stücken auftrat, verschmähten die Termiten das Holz. Möglicherweise ist diese Strategie entstanden, um zu großen Konkurrenzdruck zu vermeiden, vermuten die Wissenschaftler. Wenn sich kleine Termiten immer nur kleine Holzstücke suchen, kommen sie größeren Arten nicht ins Gehege. Durch das akustische Vorfühlen werden sie außerdem direkt vor der Anwesenheit anderer Tiere gewarnt.
ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel