Ein britischer Wissenschaftler glaubt, ein Patentrezept gegen das Altern und für ein längeres Leben gefunden zu haben: Er will Nahrungsmittel mit ungewöhnlichen, natürlich vorkommenden Varianten von Stickstoff-, Kohlenstoff- oder Wasserstoffatomen ? so genannten Isotopen ? anreichern. Wenn der Körper die seltenen Isotope dann in seine Eiweiße, Fette und Erbsubstanzmoleküle einbaut, werden diese stabiler und sind nicht so anfällig für Schäden etwa durch aggressive freie Radikale, so die Idee dahinter. Auf diese Weise gelang es Mikhail Shchepinov von der Universität Oxford bereits, Fadenwürmern zu einem um zehn Prozent längeren Leben zu verhelfen. Auf den Menschen übertragen würde das fast zehn Jahre mehr Lebenserwartung bedeuten.
Nach der momentan am weitesten akzeptierten Theorie tragen aggressive Sauerstoff- und Stickstoffverbindungen, auch bekannt als freie Radikale, die Hauptschuld an den Alterungsprozessen des Körpers: Sie entstehen als Nebenprodukte des Stoffwechsels und schädigen das Körpergewebe, indem sie mit Fettsäuren, Eiweißmolekülen und der Erbsubstanz DNA reagieren. Werden jedoch in diesen Verbindungen die Atome durch schwerere Isotope ersetzt, wird den Radikalen der Angriff erschwert,
konnte Shchepinov im Labor zeigen. Solche schweren Isotope, die in geringen Mengen in der Natur vorkommen, enthalten mehr Neutronen im Atomkern und reagieren daher langsamer als ihre leichteren Pendants.
Shchepinovs Ergebnissen zufolge kann der Körper diese Isotope mit der Nahrung aufnehmen und sie auch in sein Körpergewebe einbauen. Die veränderten Zellbestandteile sollten dann seiner Ansicht nach schädlichen Einflüssen besser widerstehen können und daher den Alterungsprozess verlangsamen. Direkt einnehmen müsse man die schweren Isotope dabei nicht, erklärt der Forscher: Sie könnten etwa dem Viehfutter beigemischt werden, so dass der Mensch lediglich hin und wieder ein Steak oder ein Hühnchenfilet von derartig gefütterten Tieren essen müsse, um in den Genuss des Anti-Aging-Effektes zu kommen.
Ob die Anreicherung mit den schweren Isotopen Nebenwirkungen hat oder nicht, kann der Wissenschaftler bislang allerdings noch nicht sagen. Erste Ergebnisse deuteten zwar darauf hin, dass es keine negativen Folgen gebe, doch das müsse erst in weiteren Experimenten bestätigt werden, schreibt das Magazin “Chemistry & Industry”. Shchepinov ist jedoch so überzeugt von seiner Idee, dass er bereits eine Firma gegründet hat, um das Konzept zu vermarkten.
Chemistry & Industry, 26. März, S. 7 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel