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Korkenzieher-Kopf treibt Rochen-Spermien an

Vorbild für die Robotik

Korkenzieher-Kopf treibt Rochen-Spermien an
Ein Rochen-Spermium im Blick. (Bild: Panbing Wang et al. / DOI number: 10.1073/pnas.2024329118)

Erstaunlich mobile Keimzellen: Bei Rochen-Spermien ist der Kopf nicht nur ein Behälter für das genetische Material, sondern sorgt zusammen mit dem Schwanz für den Antrieb. Durch dieses duale Antriebssystem können sich die Winzlinge besonders gut in viskosen Flüssigkeiten fortbewegen und sogar rückwärts schwimmen. Dieses Konzept hat auch technisches Potenzial, verdeutlichen die Wissenschaftler durch den Bau eines Roboters nach dem Vorbild der Rochen-Spermien.

Menschliche Spermien sehen bekanntlich aus wie kleine Kaulquappen: Sie besitzen einen rundlichen Kopf, in dem das Erbmaterial sitzt und einen flexiblen Schwanz, der durch Schlagbewegungen für den Antrieb sorgt. So machen sich die winzigen Boten des Lebens auf die Reise zu den Eizellen. Es ist bekannt, dass es im Tierreich unterschiedliche Erscheinungsbilder bei den Spermien gibt. Die Vielfalt und die Funktionen der Merkmale gelten aber bislang als wenig erforscht. Die Studie der Forscher um Jiahai Shi von der University of Hongkong verdeutlicht nun, welche erstaunlichen Fortbewegungssysteme die Keimzellen besitzen können.

Es handelte sich um eine zufällige Entdeckung, berichten die Wissenschaftler: Das Team wollte ursprünglich künstliche Befruchtungstechniken für die Zucht von Rochen entwickeln, um deren Potenzial als Produzenten für Antikörper gegen Krankheiten auszuloten. Im Rahmen dieser Arbeiten nahmen die Wissenschaftler deshalb auch die männlichen Keimzellen dieser Fische genau ins Visier. Unter dem Mikroskop zeigten sich dabei erstmals die speziellen Strukturen und Schwimmbewegungen der Rochen-Spermien: Die Forscher entdeckten, dass deren Kopf nicht rund ist, sondern eine spiralförmige Struktur besitzt – ähnlich wie bei einem Korkenzieher. Der langgestreckte Kopf schien sich bei der Bewegung gleichsam durch die Flüssigkeit zu schrauben, während der Schwanz gleichzeitig schlug.

Zusätzliche Schubkraft

Nähere Untersuchungen verdeutlichten dann: Kopf und Schwanz vollführen beim Schwimmen eine Drehbewegung in die gleiche Richtung. Es handelt sich bei dem starren, spiralförmigen Kopf und dem weichen Schwanz tatsächlich um ein duales Antriebssystem, sagen die Forscher. Verbunden sind die beiden Teile durch ein Mittelstück, das die Energie für die Rotationsbewegungen liefert. Der Kopf ist bei den Rochen-Spermien somit nicht nur ein Behälter für das genetische Material, sondern ein Element des Antriebs, resümieren die Forscher.

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Ihren Berechnungen zufolge trägt die Kopfbewegung der Rochen-Spermien immerhin etwa 31 Prozent zur gesamten Antriebskraft bei. Die Untersuchungen verdeutlichten zudem, dass das duale System die Bewegungseffizienz deutlich erhöht. Ein wichtiger Effekt ist dabei, dass sie sich sowohl in dünnflüssigen als auch dickflüssigen Umgebungen gut fortbewegen können. “Die ungewöhnliche Art des Antriebs verleiht den Rochen-Spermien eine hohe Anpassungsfähigkeit an verschiedene Umgebungen sowie eine flexible Manövrierfähigkeit”, sagt Co-Autor Yajing Shen. Da sowohl der Kopf als auch der Schwanz zum Vortrieb beitragen, kann ein leichter Winkel zwischen ihnen eine seitliche Kraft auf das gesamte Gebilde erzeugen, die eine Drehung ermöglicht, berichten die Forscher. Das Team fand zudem heraus, dass die Rochen-Spermien eine bidirektionale Schwimmfähigkeit besitzen – sie können durch ein Umschalten der Drehrichtung nicht nur vorwärts, sondern auch rückwärts schwimmen. Spermien mit kugelförmigem oder stäbchenförmigem Kopf sind dazu nicht in der Lage.

Technisches Potenzial

Der bio-inspirierte Roboter besteht aus drei Teilen: einem spiralförmigen Kopf aus starrem Draht, einem spiralförmigen Schwanz aus weicher Baumwolle und zwei Motoren als Mittelstück für die Energieversorgung. (Bild: City University of Hong Kong)

Um die Funktion des Bewegungssystems zu untersuchen und das Potenzial für die Robotik aufzuzeigen, haben die Wissenschaftler im Rahmen ihrer Studie technische Nachbildungen der Rochen-Spermien entwickelt. Die Geräte bestanden dabei ebenfalls aus einem starren Spiralkopf und einem weichen Schwanz, mit einem Motorsystem in der Mitte. Die Tests zeigten, dass das Rochen-Spermien-Konzept auch technischen Systemen Vorteile bei der Mobilität und Effizienz verschaffen kann: Die Roboter konnten sich geschickt in Medien mit unterschiedlichen Graden der Zähflüssigkeit bewegen, zeigten die Tests.

„Neben dem Beitrag zum Verständnis der Fortbewegung biologischer Einheiten können unsere Ergebnisse auch als Inspiration für technische Designs dienen”, sagt Shen. Den Forschern zufolge zeichnet sich vor allem ab, dass das Konzept der Rochen-Spermien Potenzial bei der Entwicklung von Mikro-Robotern besitzt: Raffiniert angetriebene Winzlinge könnten eines Tages in der Medizin zur Anwendung kommen, um im menschlichen Körper mit seinen komplexen flüssigen Umgebungen heilende Missionen zu erfüllen.

Quelle: University of Honkong, Fachartikel: PNAS: 10.1073/pnas.2024329118

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