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Klimagas-Hotspots in der Elbmündung

Lachgas

Klimagas-Hotspots in der Elbmündung
Im Hamburger Hafen zeigten Messungen vergleichsweise hohe Lachgas-Emissionen auf. © Hereon/ Sina Bold

Ein Mega-Treibhausgas im Visier: Lachgas wirkt 300-mal intensiver als Kohlendioxid. Seine Produktion in Mündungsbereichen von Flüssen haben Forscher nun am Beispiel der Elbe untersucht. Dabei haben sie zwei Abschnitte mit besonders intensiver Freisetzung entdeckt: im Hamburger Hafen und im besonders küstennahen Bereich. Dabei zeichnet sich auch ab, was diese Hotspots verursacht. Die Ergebnisse können nun zum besseren Verständnis der globalen Lachgas-Freisetzungen sowie der Rolle der Landwirtschaft bei dem Klima-Problem beitragen.

Beim Thema Klimawandel stehen meist die beiden Treibhausgase Kohlendioxid und Methan im Fokus, die sich durch die Machenschaften des Menschen zunehmend in der Erdatmosphäre anreichern. Doch zum Klimawandel trägt noch ein weiterer Faktor bei, der bisher weniger gut untersucht ist: Die zunehmende Freisetzung des besonders potenten Treibhausgases Distickstoffmonoxid (N2O), das durch seinen euphorisierenden Effekt beim Einatmen auch als Lachgas bezeichnet wird. Als wichtigste Ursache für die steigenden Werte in der Atmosphäre gilt die Überdüngung mit Stickstoff (N) durch die Landwirtschaft. Denn was die Pflanzen nicht nutzen können, verbleibt im Boden oder gelangt in Gewässer und wird dort entweder direkt oder über Umwege durch biologische Prozesse in Lachgas verwandelt. Böden und Flüsse sind dadurch bereits als wichtige Quellen bekannt. Wann, wie und wo genau Lachgas in die Luft entweicht, ist bisher allerdings nicht ausreichend erforscht.

N2O in der Elbmündung auf der Spur

Die Wissenschaftler um Gesa Schulz von der Universität Hamburg haben nun die Rolle der Flussmündungen ins Visier genommen. Als Beispiel eines Systems mit erheblichen Einträgen aus der Landwirtschaft diente ihnen dabei die Elbe: Während neun Forschungsfahrten zwischen 2017 und 2022 haben sie die Konzentrationen von N2O sowie die von gelösten Nährstoffen an verschiedenen Standorten in der Mündungsregion des Flusses gemessen. Anschließend stellten die Forscher ihre Ergebnisse in den Kontext weiterer relevanter Informationen zu dem Gewässersystem.

Wie sie feststellten, setzt die Elbmündung über das ganze Jahr hinweg Lachgas frei – allerdings mit gewissen zeitlichen Schwankungen und Besonderheiten in bestimmten Flussabschnitten. Die Daten belegen dabei erneut, dass die Hauptgrundlage der Lachgasproduktion die landwirtschaftliche Düngung ist. „Vor allem im Winter, wenn die Pflanzen nicht wachsen und kaum Stickstoff aufnehmen, gelangt mit den Niederschlägen viel Stickstoff in den Fluss“, sagt Schulz. Durch die biochemischen Prozesse wird er dann zum Teil zu Lachgas umgewandelt. Im kühlen Winterwasser geschieht dies zwar in geringerem Maße als im Sommer, dennoch sind die Emissionen auch in dieser Jahreszeit überraschend hoch. Dies liegt den Forschern zufolge wohl daran, dass im Winter oft starke Winde die Elbe durchmischen, wodurch relativ viel Lachgas in die Atmosphäre freigesetzt wird.

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Was Hotspots verursacht

Wie das Team berichtet, zeichneten sich in den Ergebnissen auch zwei spezielle Lachgas-Hotspots in der Mündungsregion der Elbe ab: Besonders viel setzt demnach der Hamburger Hafen frei. Hinzu kommt der Mündungsabschnitt von Brunsbüttel bis Cuxhaven, in dem sich das Elbwasser bei Flut stark mit dem Wasser aus der Nordsee vermischt. Wie die Forscher erklären, gedeihen in diesem küstennahen Bereich besonders viele Mikroalgen. Diese werden bei Flut flussaufwärts transportiert. Wenn die Algen dann dort absterben, werden ihre stickstoffhaltigen Bestandteile zersetzt, was die hohen Emissionen im Bereich von Brunsbüttel bis Cuxhaven erklärt.

Im Hamburger Hafen zeichnet sich hingegen eine andere Ursache ab, sagen die Forscher: Im Frühjahr und Sommer transportiert die Elbe große Mengen an Süßwasseralgen in den Hamburger Hafen, die durch die landwirtschaftlichen Stickstoffeinträge im Verlauf des Flusses besonders gut wachsen konnten. Im Hamburger Hafen fallen diese Algen dann gleichsam in ein finsteres Loch. Denn dort ist die Elbe für den Frachtschiffverkehr tief ausgebaggert. In dem dunklen Wasser sterben die Organismen aus den lichtdurchfluteten Abschnitten der Elbe ab. Beim Abbau dieser Biomasse entsteht viel Lachgas, erklären die Wissenschaftler.

Ihnen zufolge könnten die Informationen somit nun Bemühungen im Bereich der Elbe zugutekommen, die dem vermehrten Ausstoß von Lachgas entgegenwirken sollen. Darüber hinaus sind die Daten wichtig, um die Lachgasproduktion in Flussmündungen grundsätzlich zu verstehen sowie global besser einschätzen und modellieren zu können. „Wir leisten einen Beitrag, um die offenen Fragen bei dem Thema zu beantworten. Das könnte es auch ermöglichen, das Problem regional durch gezielte Maßnahmen anzugehen“, sagt Schulz abschließend.

Quelle: Helmholtz-Zentrum Hereon, Fachartikel: Biogeosciences, doi: 10.5194/bg-20-3229-2023

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