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KI als Ersatz für Tierversuche?

Technik

KI als Ersatz für Tierversuche?
Affe hinter Gittern
In Zukunft könnten einige Tierversuche durch Software-Tools ersetzt werden. © RaffaeleM/ iStock

Millionen Tiere leiden und sterben jedes Jahr bei Tierversuchen für neue Arzneimittel, Kosmetika und andere Chemikalien. Doch das könnte dank neuer intelligenter Software-Tools bald Vergangenheit sein. Solche KI-Systeme ermöglichen es, die Wirkweise und Gesundheitsrisiken von chemischen Stoffen bequem am Computer zu ermitteln. Dadurch könnte der Bedarf an Tierversuchen langfristig sinken. Doch noch gibt es Zweifel an der Verlässlichkeit der Tools.

Weltweit werden jedes Jahr Millionen von Tieren für Tierversuche genutzt, darunter Ratten, Mäuse und Kaninchen, aber auch Fische, Affen und Katzen. Unter anderem werden an ihnen industrielle chemische Substanzen und Arzneimittel getestet. Verursachen sie bei den Tieren keine Schäden und erfüllen außerdem den Zweck, zu dem sie entwickelt wurden, dann sind die Stoffe wahrscheinlich auch für Menschen verträglich, so die Logik hinter solchen Tests.

KI gegen Tierleid?

Doch da diese Testungen mit dem Leid und Tod unzähliger Lebewesen verbunden sind, suchen Wissenschaftler schon lange nach geeigneten Alternativen. Dazu zählen zum Beispiel Experimente an Zellkulturen und Biochips statt an kompletten Organismen, aber auch intelligente Software-Tools. Mit ihnen sollen sich Wirkweise und Risiken chemischer Substanzen bequem am Computer ermitteln lassen, ohne dafür ein einziges Lebewesen oder dessen Zellen zu bemühen. Das verhindert nicht nur Tierleid, sondern ist auch günstiger als Tierversuche und liefert darüber hinaus Ergebnisse, die sich direkter als manche Tierdaten auf den Menschen übertragen lassen. Doch noch gibt es Zweifel an der Verlässlichkeit der Tools.

Um Software-Tools auf „angeborene“ Macken zu prüfen, hat Sergey Sosnin von der Universität Wien mit „MolCompass“ kurzerhand ein eigenes solches Tool entwickelt und getestet. Es funktioniert folgendermaßen: Zunächst gibt man dem System auf digitalem Wege eine chemische Verbindung vor. Dann ermittelt ein maschinelles Lernmodell Wahrscheinlichkeiten von 0 bis 100 Prozent, die verschiedene Eigenschaften der chemischen Verbindung widerspiegeln. Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist sie also zum Beispiel giftig, kann sich im menschlichen Körper ansammeln oder an ein bestimmtes menschliches Protein binden? Die Summe der Wahrscheinlichkeiten liefert dann einen Überblick über die Wirkweise und gesundheitlichen Risiken einer Substanz.

Skala
Wie sicher sich das Tool ist, zeigen die ermittelten Wahrscheinlichkeiten. © Sergey Sosnin

Noch mit Vorsicht zu genießen

Bei der Einordnung der Wahrscheinlichkeiten ist allerdings eine gewisse Vorsicht geboten, wie Sosnin herausgefunden hat. Nur Werte nahe 0 oder 100 Prozent können als korrekte Vorhersage gewertet werden. Ist sich das Tool hingegen nicht sicher und gibt zum Beispiel eine Bewertung von 51 Prozent ab, dann sollte man stattdessen andere Testmethoden verwenden, erklärt der Forscher. Es kann allerdings auch vorkommen, dass das Modell sich komplett irrt und einen Stoff zum Beispiel als wahrscheinlich ungiftig deklariert, obwohl er das in Wirklichkeit gar nicht ist. „Dies ist das wahre Albtraumszenario für Toxikologen“, sagt Sosnin.

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Die einzige Lösung: im Voraus jene Klassen organischer Verbindungen zu identifizieren, in denen das Modell „blinde Flecken“ hat, und diese vermeiden. Dazu müssen aber zunächst die vorhergesagten Ergebnisse für Tausende von chemischen Verbindungen einzeln überprüft werden. Um diese mühsame Aufgabe zu erleichtern, hat Sosnin interaktive grafische Werkzeuge entwickelt, die chemische Verbindungen ähnlich wie geografische Karten auf eine 2D-Ebene projizieren. „Mit Farben heben wir die Verbindungen hervor, die mit hoher Sicherheit falsch vorhergesagt wurden, sodass Benutzer sie als Cluster roter Punkte identifizieren können“, erklärt Sosnin.

Noch sind Software-Tools zur chemischen Analyse also nicht perfekt zuverlässig, doch wenn sie in Zukunft ausgereifter und erprobter sind, könnten sie zahlreiche Tiere vor einem grausamen Schicksal bewahren.

Quelle: Universität Wien; Fachartikel: Journal of Cheminformatics, doi: 10.1186/s13321-024-00888-z

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