Vor einigen Jahren sorgte eine vermeintliche Pause in der globalen Erwärmung für Schlagzeilen – und Rätselraten bei den Klimaforschern. Denn eine eindeutige Erklärung für diese leichte Delle in der Klimakurve ließ sich nicht finden. Jetzt enthüllen zwei neue Studien den Grund dafür: Es gab gar keine Pause der Erwärmung. Stattdessen überlagerte eine natürliche Klimaschwankung den fortschreitenden Klimawandel, statistische Fehler sorgten zudem dafür, dass das Ausmaß der Verlangsamung überschätzt wurde.
Die fortschreitende Klimaerwärmung ist inzwischen offensichtlich: Die vergangenen vier Jahre waren die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen und der Sommer 2018 brachte Wetterextreme auf der gesamten Nordhalbkugel. Doch so eindeutig war es nicht immer: Als der Weltklimarat IPCC im Jahr 2013 seinen Weltklimabericht veröffentlichte, sorgte eine Delle in der Klimakurve für Aufsehen. Die Werte schienen auf eine verlangsamte Erwärmung in den letzten gut 15 Jahren hinzudeuten. Für Skeptiker war dies ein Grund, den Klimawandel medienwirksam anzuzweifeln. Doch was steckte hinter dieser Erwärmungs-“Pause”? Als Erklärungen für diese Verzögerung im Klimawandel wurden eine verstärkte Pufferwirkung der Ozeane, stärkere Passatwinde und sogar die Schwefelemissionen Chinas bemüht.
Vergleich mit historischen Messdaten und Modellen
Jetzt haben Wissenschaftler noch einmal in zwei Studien überprüft, ob es diese Klimawandel-Pause tatsächlich gab und wodurch sie zustande gekommen sein könnte. In der ersten Untersuchung werteten James Risbey von der australischen Forschungsorganisation CSIRO und sein Team alle verfügbaren globalen Temperaturdatensätze in früheren sowie aktuellen Messreihen aus und prüften die Schwankungen auf statistische Signifikanz. In der zweiten Studie analysierten Stephan Lewandowsky von der University of Bristol und seine Kollegen ebenfalls die Schwankungen der globalen Oberflächentemperatur im historischen Kontext und verglichen die Beobachtungsdaten mit Klimamodellen.
Es zeigte sich: “Die Ergebnisse unserer umfassenden Untersuchungen in beiden Studien sind so einfach wie unmissverständlich: Es gab keine Pause bei der globalen Erwärmung”, konstatiert Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Co-Autor in beiden Studien. Wie die Forscher erklären, blieb die globale Erwärmung nicht hinter den Prognosen der Klimamodelle zurück, wie es zunächst den Anschein hatte. Stattdessen schritt die Klimaerwärmung wie erwartet voran, wurde aber von den im Klimasystem vorhandenen kurzfristigen natürlichen Schwankungen überlagert. “Die angebliche Pause bei der globalen Erwärmung war zu keinem Zeitpunkt statistisch auffällig oder signifikant, sondern bewegt sich voll im Rahmen der üblichen Schwankungen”, so Rahmstorf.
Statistik teilweise fehlerhaft
In keinem Datensatz und für keinen Zeitraum konnten die Forscher eine signifikante Pause oder Verlangsamung der globalen Erwärmung festgestellten, ebenso wenig wie eine Diskrepanz zu Klimamodellen. Gegenteilige Aussagen basierten ihrer Ansicht nach auf voreiligen Schlussfolgerungen, teils ganz ohne Statistik, teils aufgrund fehlerhafter statistischer Analysen. Ein häufiges Problem sei etwa die sogenannte Stichprobenverzerrung gewesen, berichten die Wissenschaftler. Einfache Signifikanzprüfungen gelten in der Regel nur für zufällige Stichproben. Wird dagegen ein bestimmtes Zeitintervall bewusst aufgrund eines vorliegenden geringen Trends ausgewählt, handelt es sich nicht mehr um eine zufällige Stichprobe. “Nur wenige Artikel zur ‚Pause‘ berücksichtigten oder erwähnten diesen Effekt, obwohl er tiefgreifende Auswirkungen für die Interpretation statistischer Ergebnisse hat”, erklärt Lewandowsky.
Nach Meinung der Wissenschaftler wurde die angebliche ‚Pause‘ der globalen Erwärmung teilweise von Interessengruppen bewusst genutzt, um gegen die Dringlichkeit einer ambitionierten Klimapolitik zu argumentieren. “Ein letzter zu bedenkender Punkt ist die Frage, warum Wissenschaftler die ‚Pause‘ trotz der dürftigen Belege überhaupt so betont haben”, sagt Co-Autorin Naomi Oreskes von der Harvard University. “Eine Erklärung könne im ständigen öffentlichen und politischen Druck liegen, den ‚Klimaskeptiker‘ ausüben. Auch das könnte Wissenschaftler zu Haltungen veranlasst haben, die sie ohne solche Opposition vielleicht nicht eingenommen hätten.”
Quelle: James S. Risbey (CSIRO) et al., Environmental Research Letters, doi: 10.1088/1748-9326/aaf342
Stephan Lewandowsky (University of Bristol) et al., Environmental Research Letters, doi: 10.1088/1748-9326/aaf372