Der bei vielen Menschen im Alter einsetzende schleichende geistige Verfall lässt sich durch Ginkgo-Präparate nicht verlangsamen. Das sagen US-amerikanische Mediziner nach einer Studie an mehr als 3.000 Probanden zwischen 72 und 96 Jahren, die durchschnittlich sechs Jahre lang medizinisch begleitet worden waren. Die Hälfte der Versuchspersonen nahm in dieser Zeit ein Ginkgo-Präparat ein, die andere Hälfte erhielt ein Placebo. In ihren Tests zur kognitiven Leistungsfähigkeit fanden die Forscher keinen signifikanten Unterschied zwischen beiden Gruppen.
Die Studienteilnehmer wurden regelmäßig an sechs medizinischen Zentren in den USA untersucht und absolvierten dabei unter anderem Tests zum Gedächtnis, zum Sprachvermögen, zur Konzentrationsfähigkeit und zur räumlichen Orientierung. Die Hälfte der Probanden erhielt in der Untersuchungszeit zweimal täglich ein Präparat mit je 120 Milligramm Gingko-Extrakt, während die andere Hälfte ein identisch aussehendes Scheinpräparat einnahm. Die Forscher um Beth Snitz von der Universität von Pittsburgh konnten bei der Auswertung keinerlei Unterschiede zwischen beiden Gruppen feststellen: Das pflanzliche Präparat verbesserte weder das geistige Allgemeinbefinden der Probanden noch wirkte es sich positiv auf einzelne kognitive Funktionen des Gehirns aus.
Extrakte aus Ginkgo-Blättern und -samen werden bereits seit vielen Jahrhunderten als Heilmittel gegen verschiedene Krankheiten eingesetzt. Den enthaltenen Wirkstoffen wird eine durchblutungsfördernde Wirkung sowie ein positiver Effekt auf die Gedächtnisleistung nachgesagt. Mit Ginkgo-Präparaten zur Steigerung der kognitiven Fähigkeiten erzielen Pharmaunternehmen weltweit Millionenumsätze. Der Nutzen dieser Mittel ist jedoch umstritten. Nach Angaben der Forscher handelt es sich bei der Studie um die bisher größte mit einem Placebopräparat kontrollierte Untersuchung zu dieser Frage.
Beth Snitz (University of Pittsburgh) et al.: JAMA, Bd. 302, S. 2663 ddp/wissenschaft.de – Mascha Schacht