Nicht nur Menschen, auch Pflanzen können unter Jetlag leiden: Stimmen innere Uhr und Tag-Nacht-Zyklus nicht überein, wachsen Grünpflanzen deutlich schlechter als ausgeschlafene Artgenossen, deren innere Uhr exakt auf die Tageslänge abgestimmt ist. Das hat ein britisch-ungarisches Forscherteam bei Untersuchungen verschiedener Varianten der Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana) nachgewiesen. Gut synchronisierte Exemplare betrieben erfolgreicher Photosynthese, produzierten mehr Kohlenhydrate, wuchsen schneller und überlebten besser, berichten die Wissenschaftler.
Die Forscher veränderten bei einigen ihrer Testpflanzen das Erbgut so, dass ihre
innere Uhr auf zweimal zehn oder zweimal vierzehn statt zweimal zwölf Stunden eingestellt war. Beim anschließenden Wachsen hatte immer die Variante die Nase vorn, deren innere Uhr am besten zu den Lichtverhältnissen passte, zeigte die Auswertung: Betrug der Tag-Nacht-Zyklus 24 Stunden, produzierten die unveränderten Pflanzen das meiste Chlorophyll und wuchsen auch schneller. Bei einem 20-Stunden-Zyklus gewannen die Pflanzen mit der Kurzzeituhr und bei einem 28-Stunden-Zyklus lagen die Langzeitpflanzen vorn. Auch im Wettbewerb mit anderen Individuen setzten sich die am besten angepassten Pflanzen durch und überlebten häufiger und länger als ihre Artgenossen.
Ursache dieses Wachstumsvorteils ist wahrscheinlich ein besseres “Just in Time”-Management bei den synchronisierten Pflanzen, schreiben die Forscher. So sorgt ihre innere Uhr beispielsweise dafür, dass die für die Photosynthese benötigten Proteine immer kurz bevor es hell wird produziert werden. Die Pflanzen können daher sofort bei Tagesanbruch mit dem Aufbau von Nährstoffen beginnen. Stimmt dieses Timing nicht, so dass die empfindlichen Eiweißstoffe zu früh gebildet werden, sind sie möglicherweise bereits wieder zerfallen, wenn das Licht zur Verfügung steht. Bei der Kultivierung und Züchtung von Pflanzen sollte daher auf eine möglichst gute Übereinstimmung zwischen Pflanzenuhr und Hell-Dunkel-Zyklus geachtet werden, empfehlen die Wissenschaftler.
Antony Dodd (Universität Cambridge) et al.: Science, Bd. 309, S. 630
ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel