Rampenlicht an für die Rostrote Mauerbiene: Im kommenden Jahr wird sie in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Rolle der Botschafterin für die bedrohten Wildbienenarten und für weitere Bestäuberinsekten übernehmen. Wer genau hinschaut, kann die summende Botschafterin leicht im heimischen Umfeld entdecken, sagen Experten.
Seit 1999 wählt ein Kuratorium aus Insektenkundlern und Vertretern wissenschaftlicher Einrichtungen jedes Jahr ein Insekt aus. „Mit der Rostroten Mauerbiene haben wir zum zweiten Mal eine Bienenart zum Insekt des Jahres gekürt. Wir möchten mit dieser Wahl auf das Artensterben der Wildbienen aufmerksam machen“, erklärt der Vorsitzende des Auswahl-Kuratoriums Thomas Schmitt, Direktor des Senckenberg Deutschen Entomologischen Instituts in Müncheberg. „Wir wollen außerdem generell auf die hohe Bedeutung der Bestäubung als Ökosystemdienstleistung hinweisen, die für unsere Nahrungsmittelproduktion äußerst wichtig ist“, fügt er hinzu.
Pelzig und gehörnt
Vermutlich haben viele Menschen die Rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis) schon einmal gesehen. Einige haben sie aber vermutlich für eine Honigbiene gehalten, denn sie ähnelt ihrer staatenbildenden Cousine. Sie unterscheidet sich von ihr allerdings durch ein stärker pelziges Aussehen und durch eine weitere Besonderheit, die ihr den wissenschaftlichen Namenszusatz „bicornis“ eingebracht hat: Er bedeutet zweihörnig – die weiblichen Tiere tragen zwei spatelartige Hörnchen am Kopf, die zur Ernte von Blütenpollen dienen.
Die Rostrote Mauerbiene kommt vergleichsweise häufig im Umfeld des Menschen vor, denn dort findet sie Nistmöglichkeiten: Sie baut ihre kleinen Nester in vorhandenen Mauerhohlräumen, Löß- und Lehmwänden, aber auch in Totholz, lockerem Gestein und zahlreichen anderen Strukturen. „Nester dieser Bienenart wurden schon in Türschlössern und sogar in einer Holzflöte gefunden“, sagt Schmitt. Vor Attacken muss man sich aber nicht fürchten: „Die Rostroten Mauerbienen sind nicht zum Stechen aufgelegt“, betont der Insektenexperte. „Das Zusammenleben mit dem Menschen ist kein Problem“.
Ihm zufolge kann man bei diesen Insekten sogar idealerweise den Lebenszyklus ganz aus der Nähe beobachten. Die Rostrote Mauerbiene ist in diesem Zusammenhang ein echter Frühlingsbote: Sie ist bereits unterwegs, sobald die Zeit der Dauerfröste vorüber ist und sich die ersten Frühjahrsblüher der Sonne entgegen recken. Dann legen die Weibchen die Nisthöhlen an und füllen sie mit Pollen, damit sich in ihnen die Larven bis August zu erwachsenen Bienen entwickeln können. In diesem Zustand verharren die Jungtiere allerdings bis zum nächsten Frühjahr, um sich dann mit ihren kräftigen Kiefern aus dem verschlossenen Nest zu nagen. Dann kommt es zur Paarung und der Zyklus beginnt erneut.
Insektenhotels für die summende Botschafterin
„Bisher gilt die Rostrote Mauerbiene zwar als ungefährdet – dennoch steht sie, wie alle Wildbienenarten, unter Schutz“, sagt Schmitt. Wer will, kann sie auch aktiv unterstützen: „Unser Insekt des Jahres freut sich im Frühjahr über Nistplatzangebote. Die entsprechenden Insektenhotels lassen sich auch prima selbst herstellen und bieten eine gute Gelegenheit, Kinder an das Thema Insektenschutz heranzuführen“, so Schmitt.
Die Schirmherrschaft der Auszeichnung hat die österreichische Umweltministerin Elisabeth Köstinger übernommen und freut sich über ihre Rolle: „Ich habe sofort zugesagt, Schirmherrin für das Insekt des Jahres 2019 für Österreich, Deutschland und die Schweiz zu werden. Die Natur, die Kulturlandschaft, wir Menschen brauchen die Wildbienen – als unersetzbare Bestäuber in einem gesunden und produktiven Ökosystem. Rund 700 Wildbienenarten leben bei uns in Mitteleuropa. Für ihren Schutz müssen wir grenzenlos denken“, sagt Köstinger.
Quelle: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung