Sie gehören zur Prominenz der afrikanischen Tierwelt: Hyänen sind Jäger und Aasfresser der Savannen, die beispielsweise auch einen Elefantenkadaver nicht verschmähen. Nun zeigt sich allerdings: Einst stand wohl sogar Mammut auf dem Speiseplan von Hyänen. In der Eiszeit streiften Vertreter dieser Tiergruppe durch den hohen Norden der Erde, belegen Funde von fossilen Zähnen. Damit wird nun auch deutlich, wie es den Tieren einst gelang, sich bis nach Amerika auszubreiten, sagen die Forscher.
Die heutigen vier Hyänenarten sind Tiere des Südens: Die Tüpfel-, die Streifen- und die Schabrackenhyäne sowie der Erdwolf kommen nur in Afrika und in Teilen Südwestasiens vor. Doch das war nicht immer so: Einst gab es bei den Hyänen mehr Vielfalt und ein größeres Verbreitungsgebiet. Im Lauf der Evolution entstanden dutzende Arten, die verschiedene Regionen der Erde besiedelten und auch bis ins nördliche Asien vordrangen. Aus arktischen Bereichen der Erde waren bisher allerdings keine Spuren dieser Tiergruppe belegt.
Klar ist allerdings, dass ein Vertreter der Hyänen einst auch Amerika erreicht hat und dort bis im Bereich des Südens der heutigen USA lange existiert hat. Vor 1 bis 0,5 Millionen Jahren verschwanden diese Hyänen dann allerdings wieder aus Nordamerika. Man nimmt an, dass der Kurznasenbär ihnen ihre Rolle erfolgreich streitig gemacht hat und sie deshalb schließlich ausstarben. Doch wie waren diese Hyänen ursprünglich nach Amerika gelangt? Einblick in diese Frage bietet nun der erste Nachweis von Hyänen, die einst auch arktische Bereiche der Erde durchstreiften, berichten die Forscher um Jack Tseng von der University at Buffalo.
Interessante Fundgeschichte
Bei den Fossilien handelt es sich gleichsam um Funde aus der Schublade: Die beiden fossilen Zähne wurden bereits in den 1970er Jahren während einer paläontologischen Expedition in der abgelegenen Region Old Crow River im nördlichen Yukon-Territorium entdeckt. Die Identität der fossilen Zähne war damals unklar und so gelangten sie schließlich ins Canadian Museum of Nature in Ottawa, wo sie im Archiv schlummerten. Co-Autor Lars Werdelin wurde schließlich auf die Funde aufmerksam, als er Notizen der Fundgeschichte las. Anschließend kontaktierte er den Hyänen-Experten Tseng, mit dem er die fossilen Zähne dann gemeinsam untersuchte.
So zeigte sich: Die Zähne sind zwischen 1,4 Millionen und 850.000 Jahre alt und saßen einst im Kiefer von Hyänen aus der Gruppe der Chasmaporthetes. „Fossilien dieser Hyänengattung sind bisher nur aus Afrika, Europa, Asien sowie aus den südlichen Vereinigten Staaten bekannt“, sagt Tseng. Nun zeigt sich, dass diese Tiere auch erstaunlich weit im Norden leben konnten. “Es ist spannend, sich Hyänen vorzustellen, die unter den rauen Bedingungen jenseits des Polarkreises während der Eiszeit existierten”, sagt Co-Autor Grant Zazula, Paläontologe der Regierung von Yukon. “Chasmaporthetes hat wahrscheinlich Herden von eiszeitlichen Karibus und Pferden gejagt oder Kadaver von Mammuts in der Steppentundra vertilgt”, sagt der Wissenschaftler.
Hyänen überquerten einst die Beringstraße
Wie die Forscher erklären, belegen die Funde nun auch, wie die Hyänen einst nach Amerika gelangt waren. “Diese Relikte von Hyänen in der Arktis füllen eine Lücke an dem Ort, an dem wir Beweise für ihre Überquerung zwischen den Kontinenten erwartet haben, aber bisher keine gefunden haben”, sagt Tseng. Die Tiere waren demnach einst über die Bering-Landbrücke nach Nordamerika gelangt, einem Gebiet, das in Zeiten mit niedrigem Meeresspiegel Asien mit Nordamerika verband. So erreichten die Hyänen offenbar zunächst Alaska und breiteten sich anschließend nach Süden aus – ihr Verbreitungsgebiet erstreckte sich Funden zufolge schließlich bis ins heutige Mexiko.
Klar ist allerdings: Die ersten Menschen auf dem Kontinent trafen nicht mehr auf diese Jäger und Aasfresser, denn sie waren damals schon lange wieder verschwunden. Im Rahmen der Entwicklungsgeschichte des Lebens war den Hyänen in Amerika schließlich nur ein Gastspiel vergönnt und auch im eisigen Norden konnten sie sich offensichtlich nicht auf Dauer etablieren. So schrumpfte ihr Verbreitungsgebiet schließlich auf den Bereich, mit dem wir sie heute assoziieren: den Südwesten Asiens und vor allem Afrika.
Quelle: University at Buffalo, Open Quaternary, doi: 10.5334/oq.64