Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 8,90€/Monat!
Startseite »

Heilung in der „Frosch-Sauna“

Amphibien-Seuche

Heilung in der „Frosch-Sauna“
Zumindest diese australischen Gold-Laubfrösche setzten sich gerne selbst einer Wärme-Kur in Ziegelstein-Löchern aus. © Anthony Waddle

Hoffnung im Kampf gegen die verheerende Amphibien-Seuche: Einige Froscharten könnten sich in sonnengewärmten Konstruktionen von einer Chytridpilz-Infektion erholen und Resistenz gegen den Erreger aufbauen. Dies geht aus Versuchen mit australischen Gold-Laubfröschen hervor. Die Lurche suchten demnach gerne Unterschlupf in Strukturen unter Mini-Gewächshäusern, in denen Temperaturen herrschten, die dem Pilz schaden. So konnten sich viele auskurieren und anschließend Widerstandskraft gegen erneute Infektionen entwickeln. Die Bereitstellung solcher „Saunas“ könnte weiteren Arten das Überleben sichern oder ihrer Wiederansiedlung ermöglichen, sagen die Forschenden.

90 Arten hat die Seuche bereits in der freien Wildbahn ausgerottet und bei weiteren 124 Spezies hat sie zu einem Populationsrückgang um mehr als 90 Prozent geführt: Vor allem unter den Fröschen und Kröten der Welt hat die sogenannte Chytridiomykose in den letzten Jahrzehnten zu verheerenden Verlusten geführt. Die Erkrankung wird durch den Pilz Batrachochytrium dendrobatidis (Bd) verursacht, der durch den Menschen weltweit verbreitet wurde. Er befällt die Haut der Lurche, bis wichtige Funktionen versagen und sie schließlich verenden.

Trotz umfangreicher Forschung ist es bisher nicht gelungen, effektive Heilmittel oder Bekämpfungskonzepte gegen die Seuche zu entwickeln. In Gefangenschaft können infizierte Tiere zwar erfolgreich behandelt werden, aber in freier Wildbahn lässt sich der Erreger kaum in die Schranken weisen. Nur im Fall einer Krötenart auf Mallorca ist es schon gelungen, den Lebensraum zumindest für eine gewisse Zeit von dem Erreger zu befreien – allerdings nur durch den Einsatz eines Pilzbekämpfungsmittels. Bis eine möglicherweise grundlegende Lösung des Problems gefunden ist, sind deshalb praktikablere Schutzkonzepte für die besonders bedrohten Arten gefragt.

Mit Wärme gegen die Infektion

Das Forschungsteam um Anthony Waddle at Macquarie University in Sydney hat dabei nun untersucht, ob sich eine bekannte Schwachstelle des Erregers nutzen lassen könnte: Er ist wärmeempfindlich. Denn der Pilz bevorzugt relativ kühle Temperaturen – je mehr die Werte über 17 Grad Celsius steigen, desto schlechter wächst er. Ab etwa 30 Grad Celsius setzten dann sogar Absterbeerscheinungen ein. Durch diese Temperaturvorlieben des Krankheitserregers sind auch die Amphibienarten aus Regionen mit kühlen Jahresphasen besonders von den Infektionen betroffen. Außerdem gab es Hinweise darauf, dass besonders warme Refugien im Verbreitungsgebiet bestimmter Froscharten den Tieren verbesserte Überlebenschancen bei Seuchenzügen bieten konnten. Deshalb kamen Waddle und seine Kollegen auf die Idee auszuloten, inwieweit eine Bereitstellung von künstlichen Hotspots den Amphibien im Kampf gegen die Infektionen helfen könnte.

Anzeige

Als Modell-Froschart diente ihnen dabei der australische Gold-Laubfrosch (Litoria aurea), dessen Bestand wie bei vielen vergleichbaren Spezies bereits stark durch die Seuche eingebrochen ist. Für die Studie erstellten die Forschenden kleine Frosch-Gehege, in denen sie Minigewächshäuser aus Folienmaterial errichteten, unter denen sich Ziegel mit Löchern befanden. Durch Sonneneinstrahlung erwärmten sich diese Konstruktionen dann auf höhere Temperaturen als in der Umgebung, erklären die Forscher. Für ihre Versuche setzten sie dann mit dem Bd-Pilz infizierte Frösche in die Gehege, die je nach Belieben die darin installierten „Sauna-Anlagen“ aufsuchen konnten.

Vielversprechende Ergebnisse

Wie das Team berichtet, ging aus ihren Untersuchungen zunächst hervor, dass die Frösche die Einheiten tatsächlich gezielt aufsuchten: Sie krabbelten gerne in die kleinen Hotspots in den Ziegelsteinen und genossen dort die Temperaturen von teilweise um die 30 Grad Celsius. Wie die Untersuchungen zeigten, wirkte sich dies deutlich auf ihre Pilzinfektionen aus: Viele erholten sich durch die Wärmebehandlung vollständig von der sonst meist tödlich verlaufenden Erkrankung. Der Erfolg war dabei auch bei vollsonnigen Einheiten stärker ausgeprägt als bei beschatteten, zeigten die Auswertungen. „Wir konnten dokumentieren, dass durch Sonnenlicht beheizte künstliche Refugien gefährdete Frösche anlocken und Körpertemperaturen ermöglichen, die eine Infektionen beseitigen“, resümieren die Autoren.

Anschließende Untersuchungen bestätigten dann zudem einen weiteren entscheidenden Effekt: Nach der Sauna-gestützten Heilung entwickelten die Frösche eine Resistenz gegen den Erreger. Sogar unter kühlen Bedingungen, die für das Wachstum optimal sind, konnte das Immunsystem der Tiere den Pilz in Schach halten. Das Team sieht deshalb erhebliches Potenzial in dem Ansatz: „In den 25 Jahren, seit die Erkrankung als Hauptursache für den weltweiten Zusammenbruch der Amphibienpopulationen identifiziert wurde, zeigen unsere Ergebnisse erstmals eine weithin anwendbare Strategie auf, um Frösche zu schützen“, sagt Waddle. Da sich die Refugien aus billigen und leicht erhältlichen Materialien herstellen lassen, können sie von professionellen sowie privaten Tierschützern unproblematisch eingesetzt werden, betonen die Forschenden.

Es muss sich nun zwar noch zeigen, inwieweit auch andere Amphibienarten die Sauna-Anlagen aus eigenem Antrieb aufsuchen. Doch zumindest bei wärmeliebenden Spezies sind die Forschenden zuversichtlich. „Die Ergebnisse lassen sich wahrscheinlich auf einige andere durch Chytridiomykose bedrohte Froscharten übertragen“, sagt Co-Autor Lee Skerratt von der University of Melbourne. Seniorautor Rick Shine von der Macquarie University ergänzt dazu: „Der Pilz wird wohl nicht verschwinden, aber unser Ansatz könnte dazu beitragen, dass bestimmte gefährdete Amphibien in ihren Ökosystemen mit der Chytridiomykose koexistieren können“, so der Wissenschaftler.

Quelle: Macquarie University, Fachartikel: Nature, doi: 10.1038/s41586-024-07582-y

Anzeige
natur | Aktuelles Heft
Reizvolle Regionen
Aktueller Buchtipp

Anzeige
Serie: Hervorragend – Junge Menschen und ihr Engagement
Wissenschaftslexikon

Fran|çai|se  〈[frãsz] f. 19; Mus.〉 frz. Kontertanz im 6 / 8 … mehr

Er|re|ger|ma|schi|ne  〈f. 19; El.〉 Generator, der bei größeren Gleichstromgeneratoren den Strom für die Erregung der Magnetpole liefert

Grunge  〈[grnd] m.; –; unz.; Mus.〉 Musikstil, der auf betont lässig vorgetragenem Gitarrenspiel basiert u. vielfältige Elemente der Rock– u. Punkmusik enthält [<engl. grunge … mehr

» im Lexikon stöbern
natur-Sonderausgabe
Anzeige
Anzeige
Anzeige