Die bei vielen Alkoholikern beeinträchtigten Hirnfunktionen regenerieren sich nach einer längeren Alkoholabstinenz wieder weitgehend. Lediglich die Verarbeitung räumlicher Informationen verbessert sich auch durch eine jahrelange Abstinenz nicht wesentlich. Das folgern amerikanische Forscher aus einer Studie an knapp hundert Freiwilligen mittleren Alters. Ob sich die Hirnfunktionen auch von Menschen erholen, die erst nach dem 50. Lebensjahr auf Alkohol verzichteten, sollen weitere Untersuchungen zeigen.
Schon lange ist bekannt, dass sich Alkohol negativ auf die Funktionen des Nervensystems auswirkt. Ob und welche kognitiven Fähigkeiten aber nach längerer Abstinenz wieder repariert werden können, war bisher unklar. Die Wissenschaftler untersuchten nun bei den 96 Freiwilligen mittleren Alters unter anderem das Lang- und Kurzzeitgedächtnis, die Reaktionszeit, die Verarbeitung räumlicher Informationen und die sprachliche Ausdrucksfähigkeit. Die Hälfte der Probanden war seit mindestens sechs Monaten trocken, die anderen hatten nur selten oder gar nie Alkohol getrunken.
Die Wissenschaftler stellten fest, dass sich die kognitiven Fähigkeiten der ehemaligen Alkoholiker im Allgemeinen nicht von den Probanden unterschieden, die nie alkoholsüchtig waren. Die einzige Fähigkeit, die bei den nun abstinenten ehemaligen Trinkern eingeschränkt blieb, war die Verarbeitung räumlicher Informationen. Diese ist für viele Tätigkeiten im Alltag wie etwa das Autofahren wichtig. Die Forscher vermuten daher, dass Ex-Alkoholiker bei Aufgaben, die ein räumliches Orientierungsvermögen verlangen, eher Mühe haben. Ob die Ergebnisse auch auf Trinker übertragbar sind, die erst im Alter von über fünfzig aufgehört haben, sei jedoch fraglich, sagen die Forscher. Ein älteres Gehirn reagiere wohl empfindlicher auf die schädlichen Auswirkungen des Alkohols.
George Fein ( Neurobehavioral Research, Corte Madera) et al.: Alcoholism: Clinical & Experimental Research, September-Ausgabe ddp/wde ? Katharina Schöbi