Algen können unter bestimmten Bedingungen eine Art Tanz aufführen, bei dem sie umeinander kreisen oder gegeneinander wippen. Immer wenn sich Algen der Gattung Volvox in der Nähe einer Oberfläche befanden, kam es zu einem solchen Algentanz, haben Physiker um Knut Drescher von der Universität in Cambridge herausgefunden. Ursache des Tanzes waren dabei nicht der Austausch etwa von chemischen Signalstoffen zwischen den Vielzellern, sondern die speziellen Strömungsverhältnisse an der Oberfläche selbst. Durch diesen eher physikalischen Mechanismus können sich Algen zusammengruppieren und ihren Fortpflanzungserfolg erhöhen.
Die Forscher beobachteten mit einer Digitalkamera die Bewegung von Grünalgen in einem mit Wasser gefüllten Behälter. Zwei überraschende Phänomene konnten sie festhalten: Über Minuten bis Stunden tanzten Algen Walzer oder Menuett, wie die Forscher die Bewegungen bezeichneten. Beim Walzer drehten sich die Algen fast in Tuchfühlung gegeneinander. Beim Menuett bewegten sie sich rhythmisch vor und zurück.
In einem zweiten Schritt modellierten die Physiker die Bewegung und die resultierenden Strömungsprofile in der Flüssigkeit. Dicht an den Oberflächen des Gefäßes verteilen sich die Kräfte und Strömungen so, dass genau zwei stabile Bewegungszustände entstehen: Walzer und Menuett. Damit wäre die Bewegung der Volvox-Algen allein durch die physikalischen Gesetze erklärbar, ohne das die Organismen chemische Signalstoffe aussenden müssen, um ihr Verhalten zu koordinieren, erklären die Forscher.
Die betrachteten Volvox-Algen sind mehrzellige Organismen aus rund tausend Einzelzellen mit jeweils zwei Geißeln. Die Zellen ordnen sich kugelförmig um eine gelartige Masse. Die Einzelzellen besitzen einen sogenannten Augenfleck, um gegen das Licht zu propellern. Außerdem haben sie eine Zellorganelle, um aus dem Licht über Photosynthese Energie zu gewinnen. Sie können sich ungeschlechtlich durch Zellteilung und sexuell fortpflanzen. Gerade für die sexuelle Fortpflanzung ist der Algentanz von Nutzen: Er bringt die Zellkolonien dichter zusammen und in engeren Kontakt.
New Scientist, Onlinedienst ddp/wissenschaft.de ? Martin Schäfer