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Gesteinsverwitterung: Doch keine CO₂-Senke?

Kohlenstoffkreislauf

Gesteinsverwitterung: Doch keine CO₂-Senke?
Der Erosion ausgesetztes Sediment-Gestein kann offenbar eine erhebliche Kohlendioxid-Quelle darstellen. © Robert Hilton

Bisher gilt sie als ein reduzierender Faktor im globalen Kohlenstoffhaushalt. Doch nun geht aus einer Studie hervor, dass die globale Verwitterung von Gesteinen möglicherweise gleich viel CO₂ freisetzt wie sie in Mineralen bindet. Demnach werden offenbar erhebliche Mengen des Treibhausgases durch die Oxidation von gebundenem Kohlenstoff in dem erodierenden Material gebildet. Der bisher nicht beachtete Beitrag der CO₂-Freisetzung aus der Gesteinsverwitterung sollte nun in Klimamodellierungen einfließen, sagen die Forscher.

Seit Urzeiten ist der Kohlenstoffkreislauf der Erde von natürlichen Abläufen geprägt, die CO₂ in die Atmosphäre freisetzen, und solchen, die das Treibhausgas einfangen. In dieses System hat sich dann allerdings der Mensch durch enorme Kohlendioxidfreisetzungen eingemischt und damit für den Klimawandel gesorgt. Um die weitere Entwicklung und die CO₂-Budgets besser einschätzen zu können, ist nun ein detailliertes Wissen dazu nötig, welche natürlichen Prozesse im Kohlenstoffkreislauf am Werk sind.

Bisher wurde dabei die globale Gesteinsverwitterung als eine CO₂-Senke verbucht. Denn es ist lange bekannt, dass Silikate, die bei der Erosion freigesetzt werden, in Kombination mit Niederschlägen zu einer Bindung des Gases aus der Atmosphäre führen. Durch die chemischen Prozesse werden dabei Karbonate gebildet, die zu einer langfristigen Ablagerung des Kohlenstoffs führen können.

Gesteine mit altem Kohlenstoff im Visier

Weniger Beachtung wurde bisher hingegen einem gegensätzlich wirkenden Prozess geschenkt: Manche Gesteine enthalten oxidierbaren Kohlenstoff, der bei Verwitterung durch die Reaktion mit dem Luftsauerstoff zu einer CO₂-Freisetzung führen kann. Es handelt sich dabei um fossiles Material, das von Lebewesen stammt, die vor Millionen von Jahren gelebt haben. Ihre kohlenstoffreiche Biomasse wurde damals abgelagert, in Gestein integriert und wird jetzt durch geologische Prozesse wie der Auffaltung von Gebirgen wieder der Luft ausgesetzt. Das Forscherteam um Jesse Zondervan von der University of Oxford hat sich nun der Aufgabe gewidmet, die Bedeutung dieses Prozesses global einzuschätzen.

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Als einen Anhaltspunkt nutzten die Wissenschaftler Untersuchungsergebnisse von Gehalten des Elements Rhenium in Gewässern. Wie sie erklären, kann es als ein Tracerelement dienen, da Rhenium typischerweise ins Wasser freigesetzt wird, wenn organischer Kohlenstoff im Gestein mit Sauerstoff reagiert. Die Analyseergebnisse einiger Flussgewässer mit bekannter geologischer Verknüpfung ermöglichten dem Team dadurch nun eine Quantifizierung der CO₂-Freisetzung bei der Verwitterung von kohlenstoffhaltigen Gesteinen. Um die Ergebnisse auf den globalen Maßstab zu projizieren, nutzten die Forscher dann Daten zu den Gehalten an organischem Kohlenstoff in Gesteinen aus verschiedenen Teilen der Welt. Außerdem flossen in ihre Berechnungen Informationen dazu ein, inwieweit diese Formationen Verwitterungsprozessen ausgesetzt sind.

Wichtige natürliche CO₂-Quelle

Wie die Forscher berichten, zeichnete sich in ihren Ergebnissen eine überraschend große Bedeutung der Oxidation des alten Kohlenstoffs ab: Die Berechnungen ergaben eine jährliche Freisetzung von 68 Megatonnen CO₂ aus oberflächennahen Gesteinen. Im Vergleich mit bekannten Einschätzungen der CO₂-Bindung durch die Silikatverwitterung bedeutet das: Die Freisetzung entspricht oder übertrifft sogar die Bindung auf globaler Ebene. Wie sich im Detail zeigte, bilden bestimmte Gebirgszüge mit hohen Hebungsraten, wie im Himalaya, in den Rocky Mountains und in den Anden die großen Hotspots der CO₂-Freisetzung.

“Sie ist zwar 100-mal geringer als die heutigen CO₂-Beiträge durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe, aber ähnelt der Menge an CO₂, die von Vulkanen auf der ganzen Welt freigesetzt wird. Das bedeutet, dass es sich um einen wichtigen Akteur im natürlichen Kohlenstoffkreislauf der Erde handelt“, sagt Co-Autor Robert Hilton von der University of Oxford. Dazu ergänzt Zondervan: “Obwohl die Freisetzung im Vergleich zu den menschlichen Emissionen gering erscheint, kann uns das verbesserte Verständnis dieser natürlichen Zuflüsse nun helfen, unser Kohlenstoffbudget besser vorherzusagen”.

Die Wissenschaftler werden nun auch am Ball bleiben: In weiteren Untersuchungen wollen sie der Frage nachgehen, wie sich der Klimawandel auf den Prozess auswirken könnte. Denn möglicherweise wird die zunehmende Erwärmung von Gesteinen den CO₂-Beitrag durch die Oxidation des Kohlenstoffs verstärken.

Quelle: University of Oxford, Fachartikel: Nature, doi: 10.1038/s41586-023-06581-9

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