Das Wiedererkennen von Gesichtern und Orten ist stärker von den Genen abhängig als das Erkennen anderer Gegenstände oder von geschriebenen Worten. Diesen Schluss ziehen Wissenschaftler um Thad Polk aus einer Studie mit eineiigen und zweieiigen Zwillingen. Die Forscher hatten die Hirnaktivität der Probanden beim Betrachten verschiedener Bilder miteinander verglichen. Gesichter und Orte lösten bei den eineiigen Zwillingen ähnliche Muster im Gehirn aus, während sich diese Motive bei zweieiigen Zwillingen unterschiedlicher auswirkten, zeigten die Hirnscans.
Das Bild des eigenen Autos aktiviert im Gehirn andere Regionen als das Bild eines bekannten Gesichts, hatten bereits frühere Untersuchungen gezeigt. Bei dieser unterschiedlichen Verarbeitung verschiedener Motive im Gehirn spielen die Gene eine wichtige Rolle, konnten die Forscher an 24 eineiigen und zweieiigen Zwillingspaaren zeigen. Die Wissenschaftler hatten den Probanden vier verschiedene Motive präsentiert: ein Gesicht, ein Haus, einen Stuhl oder geschriebene Worte.
Besonders in der für die Bildverarbeitung zuständigen Region des visuellen Cortex
stellten die Forscher je nach gezeigtem Motiv unterschiedliche Reaktionen fest. Bilder von Gesichtern und Orten lösten bei den eineiigen Zwillingen ein ähnlicheres Muster im visuellen Cortex aus als bei zweieiigen. Bei der Verarbeitung von Worten fanden die Wissenschaftler hingegen keine großen Unterschiede zwischen ein- und zweieiigen Zwillingen. Diese Leistung sei eher von den persönlichen Erfahrungen und von der Umgebung abhängig, vermutet Polk. Nach Ansicht des Forschers war in der Evolution die Fähigkeit zum Erkennen von Gesichtern und Orten wichtiger als das Erkennen anderer Objekte und hat sich daher auch genetisch stärker ausgeprägt.
Thad Polk (Universität von Michigan, Ann Arbor) et al.: Journal of Neuroscience, Band 27, S. 13921 ddp/wissenschaft.de ? Christina Taraschewski