Ein von Landwirten gefürchtetes Bakterium befällt neben Zuckerrüben und Kartoffeln offenbar auch Zwiebeln, wie Forschende herausgefunden haben. Sie konnten die DNA des Erregers aus bereits geernteten Zwiebeln isolieren, die zuvor ungewöhnliche Verrottungserscheinungen gezeigt hatten. Wie sehr das Bakterium den Zwiebelanbau beeinträchtigen könnte, ist allerdings noch unklar.
Zwiebeln gehören zu den am häufigsten angebauten Gemüsesorten der Welt und auch in Deutschland sind ihnen rund 15.000 Hektar Ackerland gewidmet. Doch nun haben Landwirte im hessischen Lampertheim ungewöhnliche Symptome an einigen ihrer Zwiebeln der Sorte „Red Baron 1“ festgestellt. Während die Zwiebeln zum Zeitpunkt der Ernte äußerlich noch gesund aussahen, wurden sie nach viermonatiger Lagerung glasig und zeigten dann Fäulniserscheinungen, die sich auf keine bekannte Lagerkrankheit zurückführen ließen. Was war geschehen?
Eine bakterielle Infektion als Ursache?
Das Feld der betroffenen Landwirte liegt in einem stark vom sogenannten „Syndrome Basses Richesses“ (SBR) betroffenen Anbaugebiet. Bei diesem „Syndrom des niedrigen Zuckergehalts“ handelt es sich um eine bakterielle Krankheit, die Zuckerrüben und Kartoffeln befällt. Infiziertes Gemüse weist zum Beispiel Vergilbungen, verformte Blätter und nekrotische Gewebeveränderungen auf. Es enthält außerdem weniger Zucker als reguläre Ernten. Landwirte mit befallenen Feldern verzeichnen daher regelmäßig starke Qualitäts- und Ernteeinbußen.
Doch könnten wirklich auch die hessischen Zwiebeln am SBR erkrankt sein? Sie wären damit der erste bekannte Fall unter Zwiebeln überhaupt. Um das herauszufinden, suchten Forschende um Eva Therhaag vom Julius Kühn-Institut in Dossenheim in der DNA der betroffenen Zwiebeln nach Anzeichen für das SBR-verursachende Bakterium „Candidatus Arsenophonus phytopathogenicus“. Und tatsächlich: Fünf der 69 untersuchten Zwiebeln trugen das gefürchtete Proteobakterium in sich. Drei von ihnen wiesen leichte bis mittlere Verrottungserscheinungen auf, zwei erschienen äußerlich weiterhin gesund.
Auswirkungen auf Zwiebelernte noch unklar
„Der Befund von ‚Ca. A. phytopathogenicus‘ in Zwiebeln ist ein Novum und könnte auf eine Erweiterung des Wirtsspektrums von Vektor und Erreger in der regionalen Fruchtfolge hinweisen“, berichten Therhaag und ihre Kollegen. Ob es allerdings wirklich das Bakterium war, das die Symptome der hessischen Zwiebeln ausgelöst hat, muss noch genauer untersucht werden. Dementsprechend lässt sich aktuell auch noch nicht abschätzen, wie und ob der Erreger die deutsche Zwiebelernte in Zukunft beeinträchtigen könnte.
Auch ob das Bakterium auf dem bislang bekannten Weg ins Pflanzeninnere gelangt ist, ist noch unklar. Im Falle von Zuckerrüben und Kartoffeln wird es durch den Fraß der Schilf-Glasflügelzikade (Pentastiridius leporinus) übertragen, die sich hierzulande immer weiter ausbreitet. Nimmt sie die Bakterien beim Saugen an infizierten Pflanzen auf, kann sie diese auf andere Pflanzen übertragen. Mit herkömmlichen Insektiziden ist der Zikade nicht beizukommen und auch sonst stehen Landwirten bislang noch keine effektiven Bekämpfungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Quelle: Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen; Fachartikel: Plant Disease Note, doi: 10.1094/PDIS-03-24-0526-PDN