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Geflügelter Hai der Kreidezeit entdeckt

Paläontologie

Geflügelter Hai der Kreidezeit entdeckt
Künstlerische Darstellung des neu entdeckten „Adlerhais“ mit einer Flossenspannweite von fast zwei Metern. (Bild: Oscar Sanisidro)

Er wirkt wie eine Kreuzung aus Hai und Mantarochen: In der Kreidezeit „flog“ ein bizarrer Fisch mit flügelartigen Brustflossen, aber ansonsten haiartigem Körperbau durchs Meer, zeigt ein Fossilienfund. Offenbar filterte der Hai dabei Kleinstlebewesen aus dem Wasser, erklären die Paläontologen. Die Ergebnisse zeigen damit ein unerwartet frühes evolutionäres Experimentieren mit dem „Unterwasserflug“ bei Planktonfressern. Denn der nun entdeckte Adlerhai breitete seine „Flügel“ bereits 30 Millionen Jahre vor den Mantarochen und ihren Verwandten aus, geht aus der Datierung des Fossils hervor.

Mit weit geöffnetem Maul durchstreifen sie die Ozeane: Die heutigen Vertreter dieser planktonfressenden Fische gehören zu den Haien und Rochen. Dabei handelt es sich um nur entfernt miteinander verwandte Gruppen der Plattenkiemer (Elasmobranchii). Die Planktonfresser unter den Knorpelfischen unterscheiden sich deshalb auch deutlich in ihrem Körperbau: Walhai und Riesenhai besitzen die langgestreckte, torpedoförmige Haifisch-Körperform. Mantarochen und Co (Mobulidae) haben hingegen abgeflachte Körper mit flügelartigen Brustflossen. Doch das Wesen, das nun ein internationales Paläontologenteam präsentiert, scheint Merkmale beider Gruppen zu besitzen und sticht damit unter den bekannten Hai- und Rochenarten deutlich hervor.

Eine erstaunliches „Mischwesen“

Fossil des Hais mit seinen auffällig vergrößerten Brustflossen. (Bild: Wolfgang Stinnesbeck, Universität Heidelberg)

Entdeckt wurde das Fossil in einem Steinbruch nahe der nordostmexikanischen Stadt Vallecillo. Der dortige Kalkstein ähnelt stark den Plattenstrukturen wie sie auch in der Südlichen Frankenalb gefunden werden. Wie diese enthalten sie ebenfalls häufig Fossilien. Im Fall der Funde in den Vallecillo-Kalkplatten handelt es sich um eine einzigartige Momentaufnahme der Lebenswelt des offenen Ozeans in der Kreidezeit. Es wurden bereits die Überreste von Meeresschildkröten, Haien, Meeressauriern und anderen aquatischen Tieren gefunden. Bei der aktuellen Entdeckung halfen Beifunde von Ammoniten bei der Datierung. Der bizarre Fisch glitt demnach vor etwa 93 Millionen Jahren durchs Wasser.

Wie die Forscher berichten, ergaben die genaueren Untersuchungen des Fossils folgendes: Der Knorpelfisch besaß einen etwa 1,70 Meter langen Körper mit typischen haiartigen Merkmalen – doch dabei gab es eine buchstäblich herausragende Ausnahme: Das Tier besaß flügelartige Brustflossen mit einer Spannweite von 1,90 Metern, die somit seine Rumpflänge übertraf. Anhand dieser Merkmale gaben die Paläontologen dem Fisch den Namen Aquilolamna milarcae – Adlerhai. Zudem besaß sein Kopf eine auffallend stumpfe Form mit einem breiten Mau, in dem vermutlich einst winzige Zähnchen saßen, berichten die Wissenschaftler.

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„Fliegend“ auf der Jagd nach Winzlingen

Anhand dieser Merkmale kommen sie zu dem Schluss: Der Adlerhai glitt mit seinen langen, schmalen Brustflossen vor 93 Millionen Jahren durch den kreidezeitlichen Ozean – ähnlich wie die heutigen Mantarochen. „Der Körperbau von Aquilolamna milarcae ist dabei aber außergewöhnlich. Denn er konnte zusätzlich – wie andere Haie auch – mit Schlägen seiner gegabelten Schwanzflosse schwimmen. Mantarochen können dies nicht“, erklärt Co-Autor Eberhard Frey vom Naturkundemuseum Karlsruhe. Auf der Grundlage dieser Fortbewegungsweise und den Merkmalen des Mauls gehen die Wissenschaftler davon aus: „Sehr wahrscheinlich war der „Adlerhai“ ähnlich wie heutige Walhaie oder Mantarochen ein Planktonfresser“, sagt Co-Autor Wolfgang Stinnesbeck von der Universität Heidelberg.

Der außergewöhnliche Kreidezeit-Hai gibt den Paläontologen zufolge damit einen neuen Einblick in die Evolutionsgeschichte der Plattenkiemer. Sie bezeichnen den bei Haien bisher unbekannten Körperbau als ein „unerwartetes evolutionäres Experiment mit dem Unterwasserflug“. Denn flügelartige Brustflossen in Kombination mit filtrierender Lebensweise kannte man bislang nur von den Mantarochen und deren Verwandtschaft. Diese Vertreter der Plattenkiemer tauchten aber erst 30 Millionen Jahre später in der Erdgeschichte auf und ein Vorfahre dieser Tiere war der Adlerhai seinen Merkmalen zufolge offenbar nicht.

Es liegt somit nahe, dass der „Unterwasserflug“ mit den Brustflossen bei planktonfressenden Haien und Rochen im Laufe ihrer Entwicklungsgeschichte unabhängig voneinander entstanden ist – ein Fall von paralleler Evolution. Zwar war das Konzept etwas unterschiedlich, aber das Ergebnis war ähnlich: Die flügelartigen Strukturen ermöglichten ein geschmeidiges Gleiten durch die Unterwasserwelt während der Aufnahme von Plankton.

Quelle: CNRS, Jura-Museum Eichstätt, Fachartikel: Science, doi: 10.1126/science.abc1490

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