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Fruchtbare Delfin-Männerfreundschaften

Meeressäuger

Fruchtbare Delfin-Männerfreundschaften
Delfinmännchen bilden komplexe Freundschaftssysteme untereinander aus. Bild: www.sharkbaydolphins.org und © Simon Allen

Freundschaftlicher Faktor beim Fortpflanzungserfolg: Bei Delfinen zeugen diejenigen Männchen die meisten Nachkommen, die viele Freunde haben und damit besonders gut in das männliche Allianzsystem integriert sind. Dies geht aus Vaterschaftstests und langjährigen Beobachtungsdaten der Tiere in der australischen Shark Bay hervor. Erneut zeigt sich damit, welch vielschichtige Bedeutungen das hochentwickelte Sozialsystem der intelligenten Meeressäuger besitzt, sagen die Wissenschaftler.

So anders und uns doch so ähnlich: Die Körper der Delfine sind an ein Leben im Wasser angepasst, doch ihre kognitiven Fähigkeiten und Verhaltensweisen zeigen erstaunliche Parallelen zum Menschen. Neben ihrer hohen Intelligenz betrifft dies auch ihr komplexes Sozialverhalten, das von „persönlichen“ Verbindungen zwischen den Tieren geprägt ist: Die Meeressäuger bilden untereinander sehr stabile Allianzen und unterstützen einander. Sie verständigen sich dabei über ein reiches Repertoire an Lauten, die sich weit in der Unterwasserwelt ausbreiten. Untersuchungen legen dabei sogar nahe, dass Delfine bestimmte Lautmuster als „Namen“ benutzen, um sich untereinander identifizieren zu können.

Kooperation für den Gewinn von Weibchen

Viele Einblicke in die Lebenswelt und das Verhalten der Delfine stammen dabei aus der australischen Shark Bay. Dort untersuchen Wissenschaftler bereits seit 30 Jahren eine Population des Indopazifischen Großen Tümmlers (Tursiops aduncus). Im Fokus ihrer aktuellen Studie standen dabei nun die männlichen Tiere. Wie das Team um Livia Gerber von der Universität Zürich berichtet, haben die langjährigen Untersuchungen bereits dokumentiert, dass die Delfinmännchen in komplexen sozialen Gruppen leben, in denen sie mit anderen Männchen kooperative Freundschaften pflegen. Das System ist dabei von größeren Allianzen von bis zu 14 Individuen geprägt, die über lange Zeiträume recht stabil bleiben. Innerhalb dieser „Gangs“ gibt es allerdings auch kleinere, weniger konstante Gruppen aus jeweils zwei oder drei Männchen.

Aus den bisherigen Untersuchungen ging hervor, dass die Gruppen und Untergruppen eine Rolle für den Gewinn von Paarungspartnerinnen spielen: Die „Männerbünde“ arbeiten zusammen, um Weibchen von anderen Allianzen abzuwerben oder entsprechende Versuche anderer Gruppen abzuwehren. „Diese Art von männlicher Kooperation zum Zweck der Fortpflanzung ist im Tierreich äußerst ungewöhnlich. Sie findet sich sonst nur bei Menschenaffen und hier in wesentlich einfacherer Form“, sagt Livia Gerber. Gemeinsam mit ihren internationalen Kollegen ist sie nun der Frage nachgegangen, inwieweit sich das persönliche Beziehungsgeflecht der Delfinmännchen auf ihren Fortpflanzungserfolg auswirkt. Die Biologen werteten dafür von 85 Männchen die Verhaltensdaten der letzten 30 Jahren aus. Diese Ergebnisse verknüpften sie dann mit Resultaten von Vaterschaftstests in der Shark Bay, die auf den genetischen Profilen von mehr als 400 Delfinen basieren.

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Viele Freunde – viele Nachkommen

Wie sie berichten, zeichnete sich in den Auswertungen ab: Die offenbar besonders beliebten Männchen – mit intensiven Beziehungen zu möglichst vielen Freunden – haben den größten Fortpflanzungserfolg. Im Detail zeigt sich dabei, dass es eher auf die Größe des Freundeskreises und die Kontaktfreude ankommt. Denn die Partnertreue innerhalb der kleineren, variabel zusammengesetzten Zweier- oder Dreiergruppen spiegelt sich nicht im Fortpflanzungserfolg wider, berichten die Forscher. „Wir konnten nun erstmals zeigen, dass starke Freundschaften unter Delfinmännchen einen direkten Einfluss auf deren evolutionäre Fitness ausüben. Ähnliches war bisher erst bei männlichen Schimpansen bekannt“, sagt Senior-Autor Michael Krützen aus.

Wie die Forscher erklären, könnten verschiedene Aspekte zum größeren Paarungserfolg der guten Netzwerker beitragen. Die sozialen Verbindungen könnten etwa zu einer höheren Lebenserwartung führen und sich auch auf Gesundheit positiv auswirken und damit zum lebenslangen Reproduktionserfolg männlicher Delfine beitragen. Doch der entscheidende Faktor ist den Forschern zufolge wohl eher ein anderer: „Gut integrierte Männchen können die Vorteile der Kooperation wahrscheinlich besser nutzen und haben damit einen leichteren Zugang zu Ressourcen wie Nahrung oder Paarungspartnerinnen. Zudem sind sie im Vergleich zu Artgenossen mit wenigen, aber engeren Partnern widerstandsfähiger gegen Partnerverluste“, sagt Gerber.

Wie sie und ihre Kollegen betonen, handelt es sich bei den Ergebnissen um einen wichtigen Beitrag zur Erforschung des Verhaltens hochentwickelter Tiere. Denn der Einfluss von Kooperation unter sozialen Partnern auf die Zahl der Nachkommen wurde bisher kaum untersucht. „Unsere Studie erweitert die bisherigen Erkenntnisse zu landlebenden Säugetieren und zeigt eindrücklich, dass – unabhängig von dieser Entwicklung – auch im Meer Sozialsysteme mit äußerst komplexen, mehrstufigen Interaktionen entstanden sind, sagt Krützen.

Quelle: Universität Zürich, Fachartikel: Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2022.03.027

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