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Fossile Flugsaurier-Mahlzeiten

Paläontologie

Fossile Flugsaurier-Mahlzeiten
Künstlerische Darstellung eines Flugsauriers in einem Küstenlebensraum im heutigen Süddeutschland zur Zeit des frühen Jura. © SMNS, L. Reinöhl

Fisch – oder aber Tintenfisch auf dem Speiseplan: Im heutigen Süddeutschland jagten bestimme Pterosaurier-Arten vor 182 Millionen Jahren offenbar unterschiedliche Meerestiere. Dies geht aus versteinertem Mageninhalt hervor, den Forschende bei zwei Flugsaurier-Fossilien entdeckt haben. Der Nachweis der Tintenfisch-Mahlzeit ist dabei besonders bedeutend, denn es handelt sich um den ersten eindeutigen Beleg dieser Nahrungsquelle bei Flugsauriern. Der Fund liefert zudem einen Hinweis darauf, dass die geflügelten Tintenfisch-Jäger nachtaktiv waren, sagen die Forschenden.

Wovon haben sich urzeitliche Tiere einst ernährt? Oft können Paläontologen nur indirekt anhand von Merkmalen wie Körperbau und Zahnstrukturen auf Ernährungsweisen schließen. Doch in seltenen Fällen gibt es auch eindeutige Hinweise: Bei einigen Fossilien sind Spuren des einstigen Mageninhalts erhalten geblieben. Bestimmte Überreste ermöglichen dann manchmal auch eine genaue Zuordnung der letzten Mahlzeit des Tieres. Im Fall der Flugsaurier sind trotz des umfangreichen Fossilienbestands solche Funde allerdings selten. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass sie vergleichsweise schnell verdauten, um sich beim Fliegen nicht mit schweren Bäuchen zu belasten. Deshalb wurden nur bei wenigen Pterosauriern bisher versteinerte Mageninhalte gefunden. Sie belegten dabei, dass zumindest einige Vertreter des späten Jura-Zeitalters Fische verzehrten.

Die Studie der Forschenden um Samuel Cooper vom Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart beleuchtet nun dagegen erstmals die Ernährungsweise von Vertretern der geflügelten Echsen aus dem frühen Jura. Zu der Entdeckung kam es im Rahmen von erneuten Untersuchungen von Fossilien aus der Sammlung des Museums, die aus einer speziellen Gesteinsformation der Region um Holzmaden in Baden-Württemberg stammen: Der etwa 182 Millionen Jahre alte Posidonienschiefer hat dort Fossilien verschiedener Tiere erhalten, die damals in der von einem subtropischen Meer geprägten Region gelebt haben.

Das letzte Mahl zweier Flugsaurier

Wie die Forschenden berichten, stießen sie im Zuge der erneuten Begutachtungen des Museumsbestandes bei zwei Fossilien der Flugsaurier-Arten Dorygnathus und Campylognathoides auf versteinerte Mageninhalte. Im Fall von Dorygnathus deckten die genaueren Analysen der Überreste dann Fischgräten in dem Material auf. Es handelt sich damit nun um einen Beleg dieser Beute bei einem Flugsaurier der frühen Jurazeit. Überraschender war allerdings der Befund bei dem zweiten Fossil: Bei Campylognathoides fanden die Forschende statt Gräten kleine Haken im versteinerten Mageninhalt. Wie sie erklären, handelt es sich dabei eindeutig um Überbleibsel eines verzehrten Tintenfischs. Denn diese Strukturen sitzen bei manchen Arten der Kopffüßer an den Fangarmen.

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Fossil des Campylognathoides-Flugsauriers, in dessen Magen sich Reste eines Tintenfischs erhalten haben. © SMNS, L. Reinöhl

Durch Vergleiche der Merkmale der Häkchen konnten die Forscher sie auch einem bestimmten Vertreter der Tintenfische zuordnen, dessen Fossilien oft im Posidonienschiefer gefunden werden. Die letzte Mahlzeit des Campylognathoides-Flugsauriers war demnach ein Clarkeiteuthis-Kalmar. Den Forschenden zufolge gab es bisher nur einen indirekten Hinweis für den Verzehr von Tintenfischen bei Flugsauriern: Im Fossil eines Kopffüßers wurde ein Zahn eines Pterosauriers gefunden. Doch der aktuelle Fund ist nun der erste eindeutige Nachweis für den Verzehr von Tintenfischen, sagen die Forschenden.

Nächtliche Tintenfischjagd?

Sie sehen aber auch in der Kombination mit dem zweiten Fund ein wichtiges Ergebnis. Denn die unterschiedliche Nahrung legt nahe, dass sich die beiden Flugsaurier-Arten auf verschiedene Ernährungsweisen spezialisiert hatten. Ein weiterer Beleg dafür ist, dass sie unterschiedliche Zahn- und Schädelmerkmale aufwiesen, die wohl an ihre jeweilige Ernährungsweise angepasst waren. „Dadurch konnten Dorygnathus und Campylognathoides im gleichen Lebensraum ohne große Nahrungskonkurrenz zwischen diesen beiden Arten koexistieren“, sagt Cooper.

Wie die Forschenden abschließend berichten, ergibt sich aus dem Nachweis der Tintenfischjagd noch ein weiterer interessanter Hinweis. Wie sie erklären, ist zu vermuten, dass die Clarkeiteuthis-Tintenfische ähnlich wie ihre heutigen Verwandten nur nachts an die Oberfläche des Meeres wanderten. Demnach könnte Campylognathoides ein nachtaktiver Jäger gewesen sein, der im Dämmerlicht über die Meeresoberflächen flog und dabei seine Beute aufschnappte. Dazu passt auch, dass dieser Flugsaurier im Vergleich zu Dorygnathus sehr große Augenhöhlen besaß, sagen die Forschenden. „Unsere Vermutung einer nächtlichen Lebensweise von Campylognathoides muss allerdings noch weiter geprüft werden“, schreiben die Autoren abschließend.

Quelle: Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart, Fachartikel: Journal of Vertebrate Paleontology, doi: 10.1080/02724634.2024.2403577

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