Die zu den Laufkäfern gehörenden Bombardierkäfer sind für ihre ebenso rabiate wie ungewöhnliche Verteidigungsstrategie bekannt: Fühlen sie sich bedroht, schießen sie ihrem Angreifer einen heißen und ätzenden Giftcocktail entgegen. Dieses bis zu 100 Grad heiße Gebräu entsteht dabei durch einen raffinierten Zweikomponenten-Mechanismus, wie Forscher erst vor wenigen Jahren geklärt haben.
Die Grundbestandteile des Ätzsprays produziert der Käfer getrennt in zwei separaten Drüsen und gibt sie erst unmittelbar vor dem Verspritzen in einer speziellen Explosionskammer zusammen. Durch Enzyme angeregt findet dort eine heftige chemische Reaktion statt, die Wärme und Gase entstehen lassen. Eine bewegliche Auslassdüse und mehrere Ventile sorgen dafür, dass der Käfer mit seinem Abwehrstrahl in verschiedene Richtungen zielen und dabei sogar die Sprühweite regulieren kann.
Speiende Kröten
Im Mai 2016 wollten Shinji Sugiura und Takuya Sato von der Kobe Universität die Abwehrkünste des Bombardierkäfers Pheropsophus jessoensis näher untersuchen und warfen ihn deshalb einer Honshu-Kröte (Bufo torrenticola) zum Fraß vor. Weil der Käfer nicht rechtzeitig schießen konnte, verschlang ihn die Kröte zunächst. Doch dann geschah etwas Überraschendes: Rund eine Dreiviertelstunde später übergab sich die Kröte und spuckte neben Schleim auch den Käfer wieder aus. “Der erbrochene Käfer war noch immer lebendig und aktiv”, berichten die Forscher. “Eine solche erfolgreiche Flucht aus dem Innerer einer Kröte ist bisher noch von keinem anderen Käfer beobachtet worden.”
Doch war dies nur ein glücklicher Zufall – oder hatte der Bombardierkäfer aktiv seine Flucht in die Wege geleitet? Um das zu testen, haben die Biologen nun systematische Versuche durchgeführt. Dabei gaben sie mehreren Honshu- und Japan-Kröten (Bufo japonicus) jeweils einen Bombardierkäfer zu fressen und warteten ab. Zunächst lief alles wie erwartet: “Die Kröten fingen die Käfer mit ihrer klebrigen Zunge und schluckten sie herunter”, berichten Sugiura und Sato. “Dann aber war eine Explosion im Inneren der Kröten zu hören, die darauf hindeutete, dass der Bombardierkäfer sein Abwehrspray abgeschossen hatte.” Zwölf bis 107 Minuten später erfolgte die Reaktion der Kröten: Zwischen einem Drittel und gut der Hälfte von ihnen erbrachen sich und spien dabei auch den Käfer wieder aus. Je größer der Käfer war, desto häufiger gelang es ihm, ein solches Erbrechen zu provozieren.
Der Bombardierkäfer gehört damit zu den wenigen Tierarten, die noch aus dem Verdauungstrakt ihres Fressfeinds wieder entkommen können, wie die Forscher erklären. Dem Käfer gelingt es dabei nicht nur, die Kröte zum Erbrechen zu zwingen, er schafft es auch, die ätzenden Verdauungssekrete im Krötenmagen zu überleben – immerhin im Schnitt eine Dreiviertelstunde lang. Sugiura und Sato vermuten, dass der Käfer dafür eine besonders hohe Toleranz gegenüber den Verdauungssäften der Kröten entwickelt hat. Gleichzeitig könnte aber auch sein Abwehrspray dazu beitragen, die Enzyme und Chemikalien im Verdauungssaft abzuschwächen, so die Vermutung der Wissenschaftler.