Ein eingewanderter Saugkarpfen bringt im Westen der USA die einheimischen Fischarten durcheinander: Er kann gleich mit zwei dort ansässigen Saugkarpfenarten Mischlingsnachkommen produzieren, die sich dann wiederum miteinander paaren. Der Eindringling verbindet also wie eine genetische Brücke die beiden einheimischen Arten, die sich normalerweise nicht miteinander vermischen würden, berichten US-amerikanische Forscher. Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen, wird es in Zukunft wohl nur noch eine einzige Saugkarpfenart in dem betroffenen Gebiet geben, nämlich einen Mischling mit Anteilen aller drei Arten. Eine solche Mehrfachvermischung könnte nach Ansicht der Wissenschaftler sogar ein bislang unterschätzter Faktor bei der Evolution sein.
Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts lebten im Colorado und seinen Nebenflüssen lediglich zwei Saugkarpfenarten, der Blaukopf-Saugkarpfen Catostomus discobolus und der Lappenmaul-Saugkarpfen Catostomus latipinnis. Mischlinge zwischen diesen beiden Arten gab es nicht ? offenbar verhinderte eine genetische Barriere das Zeugen von gemeinsamem Nachwuchs, erklären die Forscher. Auf bislang unbekannten Wegen gelangte dann jedoch zusätzlich der eigentlich im Osten der USA heimische weiße Saugkarpfen Catostomus commersoni in die Gewässer. Er breitete sich schnell aus und ist mittlerweile die dominante Saugkarpfenart in dem Gebiet.
Doch der Eindringling bedroht die Einheimischen nicht nur durch Verdrängung, konnten McDonald und sein Team nun bei einer Analyse des Erbguts von 137 Fischen zeigen. Dabei fanden sie sowohl Mischlinge zwischen weißem und Blaukopf-Saugkarpfen als auch zwischen weißem und Lappenmaul-Karpfen. Zusätzlich gab es eine weitere Art von Mischlingen, die genetische Merkmale aller drei Arten trugen. Zwar sind diese Tiere bislang noch eher selten, die Forscher vermuten jedoch, dass ihr Anteil in Zukunft stark zunehmen wird.
Die Entdeckung sei aus zwei Gründen wichtig, erklärt das Team. Zum einen zeige sie, dass durch die Vermischung der Fortbestand aller drei Arten gefährdet sei. Zum anderen werfe sie auch ein neues Licht auf Evolutionsprozesse. Denn obwohl es sich um den ersten nachgewiesenen Fall einer solchen Dreifachvermischung bei Wirbeltieren handelt, sei es mit ziemlicher Sicherheit nicht der einzige. In Zukunft sollten derartige Einflüsse daher etwa beim Aufstellen von Stammbäumen mit berücksichtigt werden.
David McDonald (Universität von Wyoming, Larramie) et al.: PNAS, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1073/pnas.0712002105 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel