Flamingos ernähren sich von mikroskopisch kleinen Wasserorganismen, die sie mithilfe ihres Filterschnabels aus dem Wasser fischen. Jetzt belegen Fossilfunde: Schon vor 150 Millionen Jahren nutzten Flugsaurier offenbar eine ganz ähnliche Nahrungsstrategie. Indizien dafür haben Paläontologen in versteinertem Kot dieser Saurier entdeckt, als sie diese einer Mikro-Tomographie unterzogen. Dabei zeigte sich eine auffällige Häufung von Planktonorganismen, wie sie für sich filtrierend ernährende Tiere typisch sind. Die Pterosaurier besaßen demnach schon im Jura-Zeitalter sehr vielseitige Ernährungsweisen.
Lange bevor die Vögel den Himmel eroberten, flogen die ersten Flugsaurier über die urzeitlichen Landschaften. Sie waren vor 228 Millionen Jahren die ersten Wirbeltiere, die fliegen konnten. Ähnlich wie später die Vögel, entwickelten die Flugsaurier eine enorme Vielfalt an Formen, Größen und Lebensweisen. So besaßen die größten unter ihnen eine Flügelspannweite von mehr als zwölf Metern, die kleinsten jedoch erreichten gerade einmal das Format einer Möwe. Die Ausprägung ihrer Schnauze und der Zähne belegen zudem, dass auch das Nahrungsspektrum vermutlich sehr unterschiedlich war: Einige Pterosaurier jagten und fraßen vornehmlich Fische, andere scheinen auch größere Landtiere gefressen zu haben. Die Flugsaurier-Art Pterodaustro wiederum besaß feine, dichtstehende und damit fast filterähnliche Zahnreihen – bei ihr vermuteten Paläontologen daher schon länger, dass sie möglicherweise kleine Plankton-Organismen aus dem Wasser filterte.
Fossiler Kot verrät Nahrung
Einen weiteren Beleg für eine solche filtrierende Ernährungsweise bei Flugsauriern liefern nun Funde im polnischen Wierzbica-Steinbruch. In einer Gesteinsschicht aus der Zeit vor rund 150 Millionen Jahren stießen Martin Qvarnström von der Universität Uppsala und seine Kollegen auf zahlreiche Fußabdrücke von Pterosauriern. Aus deren Form und Größe schließen sie, dass es sich um Flugsaurier aus der Gruppe der Ctenochasmatidae handelt – kleinen bis mittelgroßen Pterosauriern mit einem kurzem Schwanz und einer abgerundeten Schnauze. Bisherige Fund legten bereits nahe, dass einige dieser Flugsaurier aus der Kreidezeit dichtstehende, möglicherweise zum Filtrieren genutzte Zähne besaßen. Neben den Abdrücken hatten diese Pterosaurier dort noch etwas anders hinterlassen: ihren Kot.
Die Forscher fanden drei versteinerte Kotreste, sogenannte Koproliten, inmitten der Fußspuren. Weil es sonst keine Hinweise auf die Präsenz anderer Tiere an diesem Ort zu dieser Zeit gab, gehen sie davon aus, dass diese Koproliten von den Pterosauriern stammen müssen. Ähnlich wie Biologen noch heute Kot untersuchen, um auf die Nahrung eines Wildtieres zu schließen, unterzogen Qvarnström und seine Kollegen auch die Koproliten einer genauen Analyse mittels Mikro-Tomographie. Die hochauflösende Röntgenstrahlung enthüllte, dass der Pterosaurier-Kot keine Knochen oder Gräten von Fischen oder anderen größeren Lebewesen enthielt, dafür aber zahlreiche mikroskopisch kleine Relikte von Plankton. Neben den Schalen von Foraminiferen und anderen kleinen wirbellosen Organismen gehörten auch Überreste von urzeitlichen Borstenwürmern dazu.
Flamingos der Urzeit
“Eine logische Erklärung, wie ein Pterosaurier, der groß genug ist um diesen Kot zu produzieren so kleine Beute aufnehmen kann, ist das Filtrieren”, sagt Qvarnström. Damit belegen diese Funde, dass die Flugsaurier offenbar schon im Jura-Zeitalter diese Nahrungsnische für sich nutzten. Die Koproliten seien der erste direkte Beleg für das Filtrieren von Nahrung bei Pterosauriern des Jura, konstatieren die Paläontologen. Diese geflügelten Saurier waren damit wahrscheinlich das urzeitliche Äquivalent zu den heutigen Flamingos. Auch in deren Kot dominieren die Überreste mikroskopisch kleiner Plankton-Organismen. “Die ähnlichen Inhalte des Kots von Flamingos und dieser Pterosaurier-Koprolite können durch eine ähnliche Ernährung und ähnliche Maschenweiten ihres Filterapparats erklärt werden”, sagt Qvarnström.
Welcher Art die filtrierenden Flugsaurier des Jura angehörten, ist allerdings bislang unklar, wie die Paläontologen erklären. Anhand der Fußabdrücke lassen sich die Tiere bisher nur grob der Gruppe der Ctenochasmatidae zuordnen. Näheres lässt sich erst ermitteln, wenn in dem polnischen Steinbruch möglicherweise doch noch fossile Knochen oder Zähne der Pterosaurier gefunden werden.
Quelle: Martin Qvarnström (Universitzät Uppsala) et al., PeerJ, in press